Sie ist wohl das schönste Wahllokal der Welt – die Sixtinische Kapelle. Seit Tagen
liefen hier die Vorbereitungen auf Hochtouren. Dort, wo sonst täglich Tausende von
Besuchern durchgeschleust werden, Endlosbänder über Lautsprecher zur Ruhe mahnen,
ist jetzt alles still.
Die Sixtina ist abhörsicher. Sicherheitsspezialisten des Vatikans haben Fußboden,
Steckdosen, sogar Kerzenständer auf Wanzen untersucht. Handyempfang gibt es nicht
mehr. Nicht einmal die CIA hat noch eine Chance, heißt es. An der Stirnseite, vor
dem jüngsten Gericht Michelangelos steht der Tisch mit den Wahlurnen. Links und rechts
jeweils zwei lange Tischreihen hintereinander - Platz für 115 Kardinäle. Die Zimmer
im Gästehaus Sankt Martha ist ausgelost worden, die Sitzordnung hält sich jedoch streng
an die Rangfolge - je wichtiger der Purpurträger, desto näher sitzt er dem Gericht.
Die Tische sind festlich eingedeckt, rote Tischdecken bis zum Boden, dazu Tischläufer
im gleichen Beige wie der eigens verlegte Teppich. In der Mitte des Raums ein Tisch
mit dem Evangelienbuch, hierauf schwören die Kardinäle. Hinter einer Trennwand, fünf
bis sechs Meter von den Tischreihen entfernt ist Platz für die päpstlichen Chorknaben.
Schließlich beginnt jeder Wahlgang mit bestimmten Gebeten und einer Art Andacht. Hier
steht auch der Ofen. Gut einen Meter hoch, gußeisern, sauber ohne eine Stäubchen Asche.
Daneben steht das Kaminwerkzeug, fast wie zu Hause am Kachelofen. Ein nagelneues glänzendes
Kupferrohr führt zum Fenster hoch unter der Decke und von dort zum neu durchgebohrten
Schlot auf das Dach rechts neben dem Petersdom. Das Warten auf das Rauchzeichen kann
beginnen.
(rv 18.04.05 bp)