Vatikan: Erzbischof Fitzgerald zu Mohammed-Karikaturen
Die Proteste
gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen haben erneut an Schärfe zugenommen. Inzwischen
brennt auch das dänische Konsulat im Libanon. Nach der Verwüstung seiner Botschaft
in Damaskus hat Dänemark die syrische Regierung scharf angegriffen. "Syrien hat seine
Pflicht vernachlässigt", erklärte Außenminister Per Stig Moeller in Kopenhagen. Es
sei "absolut inakzeptabel", dass die Botschaft von den syrischen Behörden nicht geschützt
wurde. Auch die US-Regierung verurteilte die gewaltsamen Übergriffe auf die Botschaften
Norwegens und Dänemarks in Syrien "auf das Schärfste". Übergriffe dieser Art seien
in Syrien nicht ohne Wissen der Regierung möglich. Auch die EU-Ratspräsidentschaft
verurteilte die Angriffe auf europäische Einrichtungen in Syrien und im Gaza-Streifen
und appellierte an alle Beteiligten, Zurückhaltung zu üben.
Gudrun Sailer bat
Erzbischof Michael Fitzgerald, den Präsidenten des päpstlichen Rates für interreligiösen
Dialog, um einen Kommentar.
"Ich denke wir müssen verstehen, wie stark
religiöses Empfinden ist, und wie sehr Moslems auf der ganzen Welt sich beleidigt
fühlen von diesen Karikaturen, die keinen Respekt zeigen für das, was sie für heilig
halten. Wir dürfen den Respekt, den die Moslems für ihren Propheten Mohammed haben,
nicht herabsetzen. Es gibt eine Tendenz, diese Art von Publikation unter Berufung
auf die Religions- und die Meinungsfreiheit zu rechtfertigen. Doch Religions- und
Meinungsfreiheit haben ihre Grenzen. Das muss mit Vorsicht ausgeübt werden. Es ist
nicht richtig, andere zu provozieren.“
Ist die Veröffentlichung solcher
Karikaturen an sich beleidigend, oder zeigen die massiven muslimischen Proteste ganz
einfach, wie stark die Spannungen zwischen westlicher und muslimischer Welt geworden
sind?
"Es ist eine der Erscheinungsformen der Globalisierung, dass alles,
was in einem Teil der Welt geschieht, nicht auf diesen Teil beschränkt bleibt, sondern
überall bekannt wird. Das ist auch hier geschehen. Sowohl die Karikaturen als auch
die Proteste darauf haben sich auf der ganzen Welt verbreitet. Schwierig wird es allerdings,
wenn Christen, in welchem Teil der Welt auch immer, verantwortlich gemacht werden
für die Handlungen von einigen, die auch die christliche Art zu Handeln nicht respektieren.
Dennoch glaube ich nicht, dass die Proteste gegen die Cartoons auf eine allgemeine
Spannung zwischen Christen und Moslems zurückzuführen sind.“
Aussagen
des neuen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad haben lebhafte Proteste der westlichen
Welt hervorgerufen. Und vor kurzem hat die radikale Hamas die palästinensischen Wahlen
gewonnen. Glauben Sie, dass Proteste gegen Mohammed-Karikaturen vor einem halben Jahr
genauso heftig ausgefallen wären?
"Ich glaube, das hat nichts zu tun mit
der politischen Lage in der Welt. Wenn Sie sich erinnern an den Fall der „Satanischen
Verse – da gab es in vielen Teilen der Welt Reaktionen von Menschen, die sagten, dies
ist respektlos gegenüber dem Propheten des Islam. Da war auch eine Reaktion auf westlicher
Seite, die auf die Meinungsfreiheit pochte. Hier gibt es einen Kampf, und wir müssen
zusehen, diesen Kampf zu überwinden. Doch glaube ich, die Reaktionen sind nicht notwendigerweise
mit der politischen Situation verbunden.“
Mitunter protestieren ja auch
im Westen Christen auf Kunstwerke oder Werbespots, die ihre religiösen Gefühle beleidigen.
Allerdings scheinen Moslems da empfindlicher zu sein und auch auf andere, auf emotionalere
Weise zu reagieren. Warum ist das so?
"Vielleicht aufgrund verschiedener
kultureller Hintergründe. Vielleicht sind Christen aber auch gleichgültiger. Manchmal
sollten wir uns geradezu mehr aufregen angesichts gewisser Kunstwerke! Allerdings
pflegt der Westen eine Art zu protestieren, die nicht gewalttätig ist. Da wird etwa
versucht, einen Fernsehbeitrag widerrufen oder einen Werbespot zurückziehen zu lassen.
Das sind legitime Mittel. Und noch etwas: Es gibt ein Recht zu demonstrieren - aber
die Beleidigung der religiösen Gefühle rechtfertigt keinesfalls eine gewalttätige
Reaktion. Menschen können nicht verantwortlich für etwas gemacht werden, was andere
getan haben.“
Was können wir als Christen tun, um den Dialog mit der muslimischen
Welt auch in einer kritischen Situation wie dieser aufrechtzuerhalten?
"Wir
müssen in erster Linie versuchen, Moslems zuzuhören. Uns klar darüber werden, was
es ist, was sie an dieser Form der Meinungsäußerung beleidigt. Und dann müssen wir
in aller Ruhe miteinander darüber reden, was wir tun können. Und mit ihnen auch über
das Recht der freien Meinungsäußerung sprechen – und über die Grenzen dieses Rechtes.
Es wäre gut, wenn wir darüber ruhig reden könnten. Das ist eine Aufgabe für Religionsführer,
aber auch für Medien.“