2006-02-05 11:41:40

Vatikan: Erzbischof Fitzgerald zu Mohammed-Karikaturen


RealAudioMP3

Die Proteste gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen haben erneut an Schärfe zugenommen. Inzwischen brennt auch das dänische Konsulat im Libanon. Nach der Verwüstung seiner Botschaft in Damaskus hat Dänemark die syrische Regierung scharf angegriffen. "Syrien hat seine Pflicht vernachlässigt", erklärte Außenminister Per Stig Moeller in Kopenhagen. Es sei "absolut inakzeptabel", dass die Botschaft von den syrischen Behörden nicht geschützt wurde. Auch die US-Regierung verurteilte die gewaltsamen Übergriffe auf die Botschaften Norwegens und Dänemarks in Syrien "auf das Schärfste". Übergriffe dieser Art seien in Syrien nicht ohne Wissen der Regierung möglich. Auch die EU-Ratspräsidentschaft verurteilte die Angriffe auf europäische Einrichtungen in Syrien und im Gaza-Streifen und appellierte an alle Beteiligten, Zurückhaltung zu üben.

Gudrun Sailer bat Erzbischof Michael Fitzgerald, den Präsidenten des päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog, um einen Kommentar.

"Ich denke wir müssen verstehen, wie stark religiöses Empfinden ist, und wie sehr Moslems auf der ganzen Welt sich beleidigt fühlen von diesen Karikaturen, die keinen Respekt zeigen für das, was sie für heilig halten. Wir dürfen den Respekt, den die Moslems für ihren Propheten Mohammed haben, nicht herabsetzen. Es gibt eine Tendenz, diese Art von Publikation unter Berufung auf die Religions- und die Meinungsfreiheit zu rechtfertigen. Doch Religions- und Meinungsfreiheit haben ihre Grenzen. Das muss mit Vorsicht ausgeübt werden. Es ist nicht richtig, andere zu provozieren.“

Ist die Veröffentlichung solcher Karikaturen an sich beleidigend, oder zeigen die massiven muslimischen Proteste ganz einfach, wie stark die Spannungen zwischen westlicher und muslimischer Welt geworden sind?

"Es ist eine der Erscheinungsformen der Globalisierung, dass alles, was in einem Teil der Welt geschieht, nicht auf diesen Teil beschränkt bleibt, sondern überall bekannt wird. Das ist auch hier geschehen. Sowohl die Karikaturen als auch die Proteste darauf haben sich auf der ganzen Welt verbreitet. Schwierig wird es allerdings, wenn Christen, in welchem Teil der Welt auch immer, verantwortlich gemacht werden für die Handlungen von einigen, die auch die christliche Art zu Handeln nicht respektieren. Dennoch glaube ich nicht, dass die Proteste gegen die Cartoons auf eine allgemeine Spannung zwischen Christen und Moslems zurückzuführen sind.“

Aussagen des neuen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad haben lebhafte Proteste der westlichen Welt hervorgerufen. Und vor kurzem hat die radikale Hamas die palästinensischen Wahlen gewonnen. Glauben Sie, dass Proteste gegen Mohammed-Karikaturen vor einem halben Jahr genauso heftig ausgefallen wären?

"Ich glaube, das hat nichts zu tun mit der politischen Lage in der Welt. Wenn Sie sich erinnern an den Fall der „Satanischen Verse – da gab es in vielen Teilen der Welt Reaktionen von Menschen, die sagten, dies ist respektlos gegenüber dem Propheten des Islam. Da war auch eine Reaktion auf westlicher Seite, die auf die Meinungsfreiheit pochte. Hier gibt es einen Kampf, und wir müssen zusehen, diesen Kampf zu überwinden. Doch glaube ich, die Reaktionen sind nicht notwendigerweise mit der politischen Situation verbunden.“

Mitunter protestieren ja auch im Westen Christen auf Kunstwerke oder Werbespots, die ihre religiösen Gefühle beleidigen. Allerdings scheinen Moslems da empfindlicher zu sein und auch auf andere, auf emotionalere Weise zu reagieren. Warum ist das so?

"Vielleicht aufgrund verschiedener kultureller Hintergründe. Vielleicht sind Christen aber auch gleichgültiger. Manchmal sollten wir uns geradezu mehr aufregen angesichts gewisser Kunstwerke! Allerdings pflegt der Westen eine Art zu protestieren, die nicht gewalttätig ist. Da wird etwa versucht, einen Fernsehbeitrag widerrufen oder einen Werbespot zurückziehen zu lassen. Das sind legitime Mittel. Und noch etwas: Es gibt ein Recht zu demonstrieren - aber die Beleidigung der religiösen Gefühle rechtfertigt keinesfalls eine gewalttätige Reaktion. Menschen können nicht verantwortlich für etwas gemacht werden, was andere getan haben.“

Was können wir als Christen tun, um den Dialog mit der muslimischen Welt auch in einer kritischen Situation wie dieser aufrechtzuerhalten?

"Wir müssen in erster Linie versuchen, Moslems zuzuhören. Uns klar darüber werden, was es ist, was sie an dieser Form der Meinungsäußerung beleidigt. Und dann müssen wir in aller Ruhe miteinander darüber reden, was wir tun können. Und mit ihnen auch über das Recht der freien Meinungsäußerung sprechen – und über die Grenzen dieses Rechtes. Es wäre gut, wenn wir darüber ruhig reden könnten. Das ist eine Aufgabe für Religionsführer, aber auch für Medien.“

(rv/varie 04.02.06 gs/bp)









All the contents on this site are copyrighted ©.