Gemmingen: Papst und Muslime einig, 'Man darf Gott nicht durch den Kakao ziehen!"
P. v. Gemmingen, gestern
hat der Papst noch einmal die Reaktionen auf seine Vorlesung in Regensburg bedauert.
Meinen Sie, das reicht jetzt? Wie geht’s jetzt weiter?
"Es reicht sicher
nicht, da sich so ein Sturm nicht so leicht besänftigen lässt. Wie geht es weiter?
Die Kirche und der Vatikan werden sicher alles tun, was nötig und möglich ist für
den guten Fortgang des Dialogs mit den Muslimen. Aber mir scheint, dass das Ganze
eingebettet ist in einen wahrscheinlich schon jahrzehntelangen Prozess des Konfliktes
zwischen dem so genannten Westen und der muslimischen-arabischen Welt. Ich würde sagen,
dass es da zwei Gruppen gibt. Die eine bei den Muslimen, die schießen wollen und die
eigentlich von den gemäßigten Muslimen entwaffnet werden sollten. Der gemäßigte Islam
sollte sich aussprechen und wirklich aktiv werden gegen die Islamisten, die den Islam
zu einer Ideologie machen. Auf der anderen Seite müssen wir hier im Westen
lernen, was der Papst auch immer wieder sagt, dass man Religionen und Gott nicht durch
den Kakao ziehen darf. Die Mohammedkarikaturen waren wirklich völlig überflüssig,
denn sie hatten weder mit Kunst noch mit Pressefreiheit etwas zu tun. Wenn solche
Tendenzen weiter gehen, also die Religion des anderen weiter durch den Kakao gezogen
wird, dann wird das schlimmer. Und dann ist auch ein Wort eines Papstes wirklich nur
ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Es geht also eigentlich um einen
ganzen Weltprozess und nicht, dass die Kirche irgendwas anderes macht."
Glauben
Sie, dass das der Papst vielleicht absichtlich gemacht haben könnte, oder war das
eher ein Unfall? Wie sieht man das im Vatikan?
"Ich glaube, der Papst ist
sich noch nicht genügend bewusst, dass er nicht nur als Professor sprechen kann. Er
ist immer auch eine politische Stimme, da er Papst ist. Er wird vermutlich merken,
‚Meine Güte, ich kann nicht einfach wissenschaftlich reden, sondern ich muss leider
immer darüber nachdenken, was das für diplomatische Folgen hat.’"
Der
Papst hat gestern auch gesagt, dass das Ganze eine Einladung zu einem offenen und
ehrliche Dialog mit großem gegenseitigen Respekt sein soll. Wie kann das jetzt konkret
aussehen?
„Ich würde mir persönlich wünschen, dass der Papst noch öfters
ganz ausdrücklich sagt: ‚Ich habe größte Hochachtung vor jedem Muslim, der sich auf
seinem Gebetsteppich beugt und Allah anbetet, und ich habe überhaupt kein Verständnis
und keinen Respekt vor Menschen, die die Überzeugung anderer Leute lächerlich machen.
Das sollte er öfters deutlich machen. Heute morgen habe ich von Al Jasira-Korrespondenten
in Berlin gehört, dass die Muslime immer gedacht hätten, der Papst sei auf ihrer Seite
gegen diejenigen, die Religion lächerlich machen. Und jetzt seien sie enttäuscht,
weil sie den Eindruck haben, er ist nicht auf ihrer Seite. Aber sie täuschen sich.“
Manche
ärgern sich, dass der Papst sich entschuldigt hat. Dabei hat er das gar nicht, sondern
nur sein Bedauern über das Mißverständnis ausgedrückt. Glauben Sie, das war richtig?
„Ja,
ich glaube, dass das richtig war. Wenn er sich entschuldigt hätte, dann hätte er gesagt:
‚Ich bin schuldig, ich habe einen großen Fehler gemacht.’ Aber er hat keinen moralischen
Fehler gemacht, für den man sich entschuldigen müsste. Es wäre überhaupt unehrlich
gewesen, wenn er sich entschuldigt hätte. Er kann nur sagen, ‚Es tut mir furchtbar
leid, dass ihr den Eindruck gewinnen musstest, ich sei gegen euch oder ich respektiere
euch nicht.“