Zum 150. Geburtstag der Marienerscheinungen von Lourdes gewährt der Papst einen so
genannten „vollkommenen Ablaß“. Das entsprechende Dekret wurde an diesem Mittwoch
von der Apostolischen Pönitenziarie veröffentlicht. Wer zwischen dem 8. Dezember des
laufenden und des nächsten Jahres mehrere Orte in Lourdes aufsucht, die in Beziehung
zur Seherin Bernadette Soubirous stehen, und weitere Bedingungen erfüllt, erhält den
vollkommenen Ablaß. Mit dieser Entscheidung erfüllt Papst Benedikt nach Angaben des
Statements „die Bitten zahlreicher Gläubiger“. Seit seinem Amtsantritt hat Papst Benedikt
XVI. immer wieder Ablässe gewährt. Zum Jubiläum des französischen Marienwallfahrtsortes
Lourdes wird er wohl im Lauf des nächsten Jahres auch selbst dorthin reisen. (rv
05.12.2007 sk)
Stichwort: Ablass.
Bedeutet keine billige Sündenvergebung
für Fernsehzuschauer des „Urbi et Orbi“-Segens, sondern etwas ganz anderes: einen
tiefer Griff nämlich in den „Schatz der Kirche“, den Heilige und große Christen im
Lauf der Jahrhunderte aufgehäuft haben. Ablass bedeutet nicht: Jeder für sich, sondern:
Sich einklinken und teilhaben am „Überschuss des Guten“. Der Papst leugnet nicht die
Gefahr von Missbräuchen, weist aber darauf hin, dass der Ablass den Fragen und Anliegen
der „einfachen und demütig glaubenden Menschen“ entgegenkommt, und findet es unfair,
„wenn zuletzt nur noch die Missbräuche in Erinnerung bleiben“.
Am Beispiel
des so genannten „Portiuncula“-Ablasses aus der Zeit des hl. Franz von Assisi im 13.
Jahrhundert zeigt er, wie sich der Ablass historisch entwickelt hat und welcher Gedanke
dahintersteht. Dem heiligen Franz sei es darum gegangen, dass auch einfache Menschen
durch einen bewussten, existenziellen Akt ausdrücken können, dass sie die ihnen in
der Beichte gewährte Vergebung mit Freude entgegennehmen. Im Bußwesen der alten Kirche
bestand dieser Akt, die so genannte „große Kirchenbuße“, in der Regel in einer Jerusalem-Wallfahrt,
die aber gefährlich, zeitraubend und teuer war. Die Neuerung des hl. Franz, dass dieser
Akt auch ein Gang nach Assisi sein konnte, bedeutete für damalige Verhältnisse also
„eine Ablöse, einen Ab-Laß, der das ganze Bußwesen verändern“ musste. Mit dem Ablass
wurde der Bußgedanke symbolisch (denn der Portiunkula-Ablass war ja eine „Buße der
Beladenen, denen ihr Leben selbst schon Buße genug auferlegt“), und er erfuhr eine
„Verinnerlichung“, wobei der jetzige Papst aber trotzdem seinen „sinnlichen Ausdruck“
lobt, der sich etwa in einer Wallfahrt zeigt.
In einem zweiten Moment seiner
Entwicklung nahm das Ablasswesen dann die Ahnen- und Totenverehrung auf, „ein Urempfinden
der Menschheit..., das sich ... die ganze Menschheitsgeschichte hindurch vielfältigen
Ausdruck geschaffen hat.“ Der Ablass, der diese Tradition aufgriff und umformte, um
ihren „reinen Sinn hervortreten (zu) lassen“, bedeutete nun auch, den Verstorbenen
fürbittend auch über die Schwelle des Todes hinaus Liebe zu bezeigen. „Stellvertretende
Liebe ist eine zentrale christliche Gegebenheit“, so der jetzige Papst; für sie gebe
es keine „Todesgrenze“. „Die Möglichkeiten des Helfens und des Schenkens erlöschen
für den Christen mit dem Tod nicht“.
Und in einem dritten Schritt kam dann
der Aspekt hinzu, sich im Gebet „hineinfallen zu lassen in die Gemeinschaft der Heiligen“;
im geistlichen Bereich gebe es nun mal „kein Privateigentum“, sondern da gehöre „allen
alles“. „Alles kommt von Christus her, aber weil wir zu ihm gehören, wird auch das
Unsere zum Seinigen und erhält heilende Kraft.“ Genau das sei mit dem Begriff „Schatz
der Kirche“ gemeint. In den ersten Monaten seiner Amtszeit als Papst hat Benedikt
XVI. mehrere Ablässe gewährt.
(Aus: S. Kempis, Benedikt XVI.. - das Lexikon.
Leipzig 2007)