Die Kirche in Frankreich sorgt sich um ihre Position im Vatikan. Darüber berichteten
in letzter Zeit mehrere Medien wie das italienische „il foglio“ sowie aus Frankreich
selbst „Le Monde“ und die katholische Tageszeitung „La Croix“. Nachdem die Kardinäle
Roger Etchegaray und Paul Poupard aus Altersgründen ihre Ämter im Vatikan aufgegeben
haben, leitet nur noch ein Franzose eine Kurienbehörde, nämlich Kardinal Jean-Louis
Tauran vom Päpstlichen Dialograt. Vom traditionell starken französischen Einfluss
im vatikanischen Staatssekretariat – mit Kardinal Jean-Marie Villot gab es bis 1979
noch einen vatikanischen Kardinalstaatssekretär, der der „Grande Nation“ entstammte
– ist nur noch der korsische Erzbischof Dominique Mamberti übrig geblieben, der dort
die Abteilung für die Beziehungen zu den Staaten leitet. Und dann ist da noch – so
endete die Analyse der Tageszeitung „Le Monde“ – Jean-Louis Bruguès, Sekretär der
Bildungskongregation.
Frankreichs Einflussschwund auf die Zentrale der Weltkirche
spiegelt das Schwächeln der französischen Ortskirche insgesamt wider: Dramatische
Überalterung von Priestern, starkes Sinken der Priesterzahl (auf hundert Neugeweihte
kommen jedes Jahr 900 Priester, die sterben bzw. ihr Amt aufgeben), ein richtiggehender
Absturz in der Zahl der Seminaristen (nur noch 500 im ganzen Land, einige Bistümer
sind 2008 ganz ohne neue Priesteramtskandidaten geblieben). Vorbei sind die Glanzzeiten
der 80er und 90er, als es noch die Achse Wojtyla-Lustiger (Jean-Marie Lustiger, früherer
Erzbischof von Paris) gab, die auch zu einer Blütezeit an Priesterberufungen führte;
heute hat Paris nur 50 Seminaristen. Auch die religiöse Praxis, vor allem der sonntägliche
Kirchenbesuch, ist bei Frankreichs Katholiken eingebrochen. Nur vier Prozent gehen
zumindest einmal im Monat zur Kirche. Kirchliche Gemeinschaften wie „Emmanuel“ oder
die „Frères de Saint-Jean“ setzen dem noch Widerstand entgegen. Weitaus stärker sind
hier allerdings traditionalistische Gruppen: Sie stellen schon heute etwa ein Drittel
aller neuen Seminaristen (für Welt-, nicht Ordenspriester). Die innerkirchlichen Traditionalisten
– damit sind also nicht die in Frankreich starken, schismatisch orientierten Lefebvre-Anhänger
gemeint - verfügen über fast 390 Kirchen oder Kapellen in ganz Frankreich; das sind
vier pro Bistum. Diese Zahlen muss man sich vor Augen halten, um zu verstehen, dass
Frankreichs Bischöfe die vatikanischen Gespräche mit den Piusbrüdern ausgesprochen
argwöhnisch beobachten.