2010-01-25 14:38:28

Serbien: Neuer Patriarch ein „Mann des Dialogs“


Der neue serbisch-orthodoxe Patriarch Irinej von Nis ist am Wochenende in Belgrad in sein Amt eingeführt worden. Der 79-jährige war am Freitag zum neuen Oberhaupt der serbischen Orthodoxen gewählt worden. Er tritt an die Stelle von Pavle I., der im November mit 95 Jahren verstarb. Im Fokus der Amtsführung des neuen Kirchenoberhauptes wird die Kosovo-Frage stehen. Das meint der Salzburger Kirchenhistoriker Dietmar Winkler. Damit komme keine leichte Aufgabe auf „den Neuen“ zu. Der Ostkirchen-Experte wörtlich:

„Das Kosovo ist serbisch-orthodoxes Zentralland, historisch gesehen. Auf der anderen Seite ist es aber mehrheitlich von Albanern bewohnt. Das ist sicher ein wichtiger politischer Knackpunkt für das kommende Patriarchat wie auch für alle folgenden Patriarchen der serbischen Orthodoxie.“

Der zum Erliegen gekommene katholisch-orthodoxe Dialog war auf Initiative von Patriarch Pavle I. im Jahr 2006 wieder aufgenommen worden. Winkler:

„Der Dialog war ja abgebrochen worden aufgrund der Wiederzulassung der Unierten nach dem Niedergang der Eisernen Vorhangs, und im Jahr 2006 ist dann nach Belgrad eingeladen worden - dort hat die serbische Orthodoxie durch ihre Freundlichkeit und Gastfreundschaft sehr dazu beigetragen, dass das orthodox-katholische Dialogunternehmen ganz positiv gestartet ist. Das würde man sich jetzt natürlich auch in Fortsetzung des Patriarchen Pavle vom neuen Patriarchen wünschen.“

Pavle I. sei „einer der Großen der serbischen Orthodoxie“ gewesen, so Winkler. Trotz Unabhängigkeit des Kosovo und damit dem Verlust des „historischen Kernlandes“, habe er sich „immer gegen fundamentalistische Äußerungen“, etwa aus dem serbischen Klerus, gewehrt. Wird Irinej von Nis also die Linie seines Vorgängers fortführen? Tihomir Popovic von der serbisch-orthodoxen Nachrichtenagentur sok sieht im neuen Kirchenführer einen „Mann des Dialogs“.

„Patriarch Irinej ist eine sehr aufgeschlossene Persönlichkeit auch in ökumenischer Hinsicht. Er hat sich vor kurzer Zeit – am 18. Januar – positiv geäußert zum Thema Papstbesuch in Serbien; er hat u.a. gesagt, er fände es begrüßenswert, wenn der Papst im Jahr 2013 nach Serbien komme – zur Feier des Mailänder Edikts von 313. Und er hat wörtlich gesagt, dass das eine Möglichkeit wäre, über die Einheit der Kirchen zu sprechen: Ohne den ersten Schritt gebe es auch nicht den letzten. Ein Gedanke, den ich sehr schön fand – das zeugt von seiner Aufgeschlossenheit in dieser Sache.“

Der neue Patriarch gilt als Mittelsmann zwischen der liberalen und traditionellen Linie der Orthodoxie. Ein erheblicher Teil der Gläubigen der serbisch-orthodoxen Kirche ist im nicht-serbischen Teil des früheren Jugoslawiens oder im weiteren Ausland ansässig. Popovic:

Der Patriarch ist in der Theorie der Primus inter pares: Das heißt, er kann tonangebend wirken, aber er kann im Prinzip nicht soviel entscheiden wie meinetwegen der Papst. Allerdings ist es so, dass eine starke Persönlichkeit auch als Primus inter pares viel entscheiden kann und auch viel in die Wege leiten kann, und ich hoffe, dass das bei Patriarch Irinej auch der Fall sein wird. Ich denke, seine Richtung ist eine sehr lobenswerte und positive – auch für die Serben! Auch für das Leben der Serben in den nicht vorwiegend serbisch und nicht vorwiegend orthodox geprägten Gebieten wie Kroatien und Slowenien.“

Die FAZ sprach in einer Analyse vor Kurzem der serbisch-orthodoxen Kirche einen starken Einfluss auf die innerserbische Politik zu. Popovic dazu:

„Ich weiß, dass es in mehreren Analysen das Ergebnis gab, dass die serbisch-orthodoxe Kirche die Institution mit dem höchsten Ansehen in Serbien sei. Vor diesem Hintergrund muss man natürlich auch verstehen, dass diese Institution mit dem höchsten Ansehen in der Bevölkerung auch erheblichen Einfluß haben muss auf die Politik! Wie jetzt dieser Einfluß aussieht und über welche Wege er geht, das ist natürlich eine ganz andere Frage... Aber ich denke, ein positiver und auch kreativer Einfluß ist seit dem Fall des Kommunismus da – das ist ja auch ganz offensichtlich und nicht etwa ein Geheimnis. Wir haben den Religionsunterricht wieder in den Schulen, wir haben die Geistlichen wieder in allen wichtigen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen – allerdings nicht nur die der serbisch-orthodoxen Kirche, sondern auch die katholischen und die der anderen vier so genannten historischen Kirchen- und Religionsgemeinschaften in Serbien!“


(rv 24.01.2010 sk/pr)







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