Ein Irak ohne Christen?
Ein solches Szenario sei leider durchaus realistisch. Das sagt der chaldäische Erzbischof
von Mossul, Emil Shimoun Nona. Die Christen im Zweistromland durchlebten täglich einen
Kreuzweg, so der Oberhirte. Nach einer Serie von Mordanschlägen fliehen immer mehr
Christen aus der nordirakischen Stadt. Allein am Mittwoch hätten rund hundert Familien
ihre Wohnungen und Häuser verlassen, so Shimoun Nona gegenüber dem römischen Pressedienst
asianews.
Die Regierung in Bagdad hat derweil eine Untersuchungskommission
geschaffen, die die Gewalt gegen Christen in Mossul prüfen soll. In Mossul wurden
in den vergangenen vier Wochen zwölf Christen ermordet. Für den Apostolischen Nuntius
im Irak, Erzbischof Francis Assisi Chullikat, ist die Gewalt gegen Christen unverständlich.
„Die
Christen leben hier schon seit über 2.000 Jahren. Sie teilen also die gesamte irakische
Geschichte mit ihren muslimischen Mitbewohnern. Deshalb ist die Vertreibung von Christen
der Zerstörung der Geschichte und Kultur des Landes gleichzusetzen. Die irakischen
Christen möchten ihrerseits zusammen mit ihren Mitbewohnern eine bessere Zukunft aufbauen.“
Zuletzt
waren am Montag drei Mitglieder der syrisch-katholischen Gemeinde – ein Vater mit
seinen zwei Kindern – von Unbekannten in ihrer Wohnung erschossen worden. In der Woche
zuvor waren sechs Christen getötet worden. Als mutmaßliche Täter gelten islamistische
Extremisten. Die Anschläge werden in Zusammenhang mit der für 7. März vorgesehenen
Parlamentswahl im Irak gebracht. Denn die Christen gelten als Zünglein an der Waage.
„Die
Christen spielen im Irak aber eine andere Rolle. Sie gelten als Förderer des Friedens
und werden meist als Vermittler angefragt. Ein Beweis hierfür ist der jüngste Besuch
zweier sunnitischer und schiitischer Delegationen bei uns in der Nuntiatur. Auch die
Regierung schätzt das sehr. Doch leider sind die Lokalbehörden nicht in der Lage,
die Christen zu schützen und die Gewalt zu unterbinden. Die Christen werden aber trotz
allem sich für den Frieden einsetzen. Das ist eine Berufung der Kirchen im Irak.“
Tiefe
Trauer Papst Benedikt XVI. bekundete seine tiefe Sorge über die Morde an
Christen im Irak. Bereits im Januar hatte er in einem Brief an den irakischen Ministerpräsidenten
Nouri el Maliki die Regierung zum Schutz religiöser Minderheiten aufgefordert. Die
Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ veröffentlicht die von Kardinalstaatsekretär
Tarcisio Bertone unterzeichnete Botschaft an diesem Donnerstag auf seiner Titelseite.
Zudem sprach der Papst in dem Schreiben den Angehörigen der Anschlagsopfer sein Mitgefühl
aus. Ausdrücklich schloss Papst Benedikt XVI. auch die muslimischen Toten und Verletzten
in sein Gebet ein.