2011-03-31 11:45:58

Bundesministerin Schavan: „Theologie tut der Wissenschaft gut“


RealAudioMP3 Was kann und was will Theologie heute? Zu dieser Frage traf Bundesbildungsministerin Annette Schavan am Mittwoch hier in Rom Professoren der Päpstlichen Universität Gregoriana zu einem Fachgespräch. Man sprach über die Erziehung zur Kritikfähigkeit, zur Bedeutung von Studium für die Persönlichkeitsbildung und über die Bedeutung der Theologie für ein multireligiöses Europa.
Theologie heute – das bedeutet in Europa heute aber vor allem auch islamische Theologie. Zurückgehend auf eine Stellungnahme des Wissenschaftsrates der Bundesregierung soll an vier Standorten Imamausbildung betrieben werden. Schavan würdigte diese Ausbildung als „Motor der Modernisierung im Islam“. In den Medien wurde sie dazu in den letzten Tagen aber auch mit den Worten zitiert, mit dieser Ausbildung von Imamen solle der Islam europäisiert werden. Wäre das nicht eine Funktionalisierung von Religion und würde das nicht die Trennung von Staat und Glaubensgemeinschaft schädigen?

„Das genau darf der Staat nicht, sich einmischen im Sinne einer Aufgabenbestimmung. Das Zitat stammt aus einem Zusammenhang, den ich etwa so sehe: auch aus unserer Erfahrung mit christlicher Theologie wissen wir, wie stark Theologie zur Klärung und Aufklärung in Beziehung zu Religion beiträgt. Deswegen braucht jede Religion Theologie. Der Begriff der Europäisierung ist eigentlich eher so gemeint: Da, wo in Europa Theologie im Kontext des Islam betrieben werden kann, wird es auch gut sein, für die Verbindung des Islam heute zu seiner eigenen Tradition. Oder anders gesagt: es wird sich positiv auswirken können für das, was wir Inkulturation nennen.“

Ist das die Hoffnung einer Ministerin oder die Erwartungshaltung des Bundes an den Islam?

„Das ist eine Hoffnung, von der ich aus vielen Gesprächen mit muslimischen Theologen, aber auch mit sonstigen jungen Intellektuellen weiß, dass sie sich das wünschen: eine Möglichkeit der Entwicklung über die Theologie. Der Staat bestimmt das nicht, der Staat schafft Rahmenbedingungen – Fachbereiche – in denen Entwicklung möglich ist.“

Der Blick auf die Theologie muss auch ein Blick auf den jüngsten Streit einschließen. Das einzige, was in der Öffentlichkeit im Augenblick von katholischer Theologie wahrgenommen wird, ist der Konflikt. Annette Schavan ist selber Theologin, sie ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und als Ministerin auf dem Gebiet der Wissenschaft tätig. Wie sieht sie das Theologenmemorandum?

„Dieses Memorandum der Theologen habe ich verstanden als einen Impuls ‚Lasst uns reden!’, über Weiterentwicklung der Kirche. Lasst uns reden über das, was wir in Deutschland glauben festzustellen: Es passt exakt in das, was in Deutschland jetzt als Dialogprozess über die nächsten Jahre beginnt, ein Aufruf zur Selbstvergewisserung.“

Über einen innerkirchlichen Dialog hinaus: Welche Rolle wird Ihrer Meinung nach Theologie in den nächsten Jahren spielen?

„Theologie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Klärung, zur Aufklärung; deutlich zu machen, wie stark das aufklärerische Potenzial des Christentum ist. Sie hilft, deutlich zu machen, dass Glaube nicht nur geglaubt werden will, sondern auch gedacht werden. Das Verhältnis von Glaube und Vernunft ist eine der Grundfragen schlechthin, und ich glaube, in der Universität des 21. Jahrhunderts wird Theologie auch immer mehr als Orientierungswissenschaft gefragt sein. Theologische Kompetenz wird in vielen anderen Berufen gefragt sein, und das Angebot des Studiums könnte wunderbar weiterentwickelt werden auf diese anderen Berufsfelder und Kompetenzbereiche und damit weit über Kirche hinaus ausstrahlen.“

Das Gespräch über Theologie war aber nicht der einzige Grund für den Besuch der Ministerin: Nach der Generalaudienz am Mittwoch traf Schavan in Privataudienz den Papst, was ungewöhnlich für Minister ist. Der Papst zeige eine „starke innere Beschäftigung“ mit seiner geplanten Deutschlandreise.

„Ich habe dem Papst gesagt, dass, wenn er nach Berlin kommt, er nicht in eine gottlose Stadt kommt, vielmehr in eine Stadt, in der es viele Menschen gibt, die Gott suchen. Das ist dann nicht immer katholisch, aber deutliche Zeichen der Suche nach Orientierung, der Suche nach Antwort auf die Frage nach Gott. Ich habe ihm Berlin geschildert als eine dynamische und interessierte Stadt, und ich bin auf davon überzeugt, dass das ein großes Ereignis für Deutschland wird.“

(rv/epd 31.03.2011 ord)







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