2011-05-07 19:36:39

Papst in Venedig: Eindrücke von der Piazza San Marco


RealAudioMP3 Höhepunkt der Italienreise von Papst Benedikt XVI. ist eine Messe mit Gläubigen in Mestre auf dem venezianischen Festland, am Sonntagmorgen ab 10.00 Uhr. Am Samstagabend reiste er von Aquileia nach Venedig, wo er am Abend Gläubige auf der zentralen Piazza San Marco traf. Unser Korrespondent Stefan Kempis ist vor Ort und hat Atmosphärisches aus der Stadt der Gondeln eingefangen: Venedig - eine Stadt mit päpstlicher Geschichte.



Walzerklänge auf der Piazza San Marco: Vor dem „Café Florian“ unter den eleganten Arkaden des Platzes wird den Touristen aufgespielt. Die Klänge erinnern daran, dass die Stadt im 19. Jahrhundert jahrzehntelang zu Österreich gehörte – bis 1866. Wer sich allerdings zum Markusdom hinüberdreht, der denkt nicht an Österreich, sondern an Istanbul: San Marco wirkt wie eine verspieltere Version der „Hagia Sophia“, Hinweis auf Venedigs eminente Rolle im Orienthandel und auf seine historische Konkurrenz mit Konstantinopel. Auf der marmorverkleideten Fassade leuchten Mosaiken auf Goldgrund, darüber stehen auf einer langen Loggia die berühmten vier Bronzepferde, die bei einem Kreuzzug in Konstantinopel geraubt wurden, und noch höher, zwischen den fünf orientalisierenden Kuppeln, glänzt der Markuslöwe in der Sonne.

12 Uhr: Die Glocken läuten zum Angelus. Gleich links vom Markusdom steht die Residenz des Patriarchen: ein relativ neuer Bau, denn bis vor etwa zweihundert Jahren war San Marco gar nicht seine Bischofskirche. Es war eine Staatskirche, sozusagen die Palastkapelle des Dogen, der sie ja im elften Jahrhundert auch gebaut hatte. Aus diesem Patriarchat sind in den letzten hundert Jahren schon drei Päpste hervorgegangen: Pius X., Johannes XXIII., Johannes Paul I. Alle drei Patriarchen von Venedig, bevor sie zum Nachfolger Petri gewählt wurden.

Wer in den Dom hineinwill, muss sich hinten anstellen: Die Schlange zieht sich den ganzen Dogenpalast rechts von San Marco entlang. Reiseführer erklären ihren Grüppchen, was sie gleich erwartet. Bei Hochwasser, und das kommt immer wieder mal, kann man den Platz hier nur über Holzplanken oder mit Gummistiefeln passieren. Der rot-weiße Campanile steht, vom Dom getrennt, auf angeblich 100.000 Holzpfählen.

Wie in einer alten Höhle fühlt man sich, wenn man die Basilika betritt: Die Füße tasten über Mosaik-Fußboden, der Boden senkt sich immer weiter über die Jahre hinweg, der Blick verirrt sich zwischen mehr als 2.000 Säulen, viele von ihnen aus der Antike. Von oben: der Dämmer goldener Mosaiken, 13. Jahrhundert und später, auf über 4.000 Quadratmetern. Die Mosaiken bestimmen den Gesamteindruck: überall Gold. Szenen aus der Heilsgeschichte, von der Schöpfung bis zum Jüngsten Gericht, manchmal majestätische, oft anrührende Bilder in byzantinischer Steifheit. Noah und die Arche, Einzug Jesu in Jerusalem – ein überwältigender Zyklus. Golden ist auch die Rückseite der Altartafel ganz hinten in der Apsis: die mittelalterliche „Pala d`Oro“: Nur in den Basiliken von Köln und Klosterneuburg, so erklärt eine Reiseleiterin ihrer Gruppe, gibt es Vergleichbares.

Im Kontrast dazu: der dicke, aber einfache Steinsarg unter dem Hauptaltar. Hierin ruhen angeblich die Gebeine des Evangelisten Markus, wie so vieles andere aus Konstantinopel geklaut, schon im 9. Jahrhundert. Ob die sterblichen Überreste tatsächlich dem Verfasser des ältesten Evangeliums gehören, ist ungeklärt. Die Gebeine kamen über das Meer: wie so vieles, was den Reichtum Venedigs gemacht hat. Heute schaukeln dort, an der Mole San Zaccaria rechts vom Markusdom, die Gondeln im Wasser und warten auf Touristen.

(rv 07.05.2011 sk)








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