Genau 45 Jahre ist
es her: Da ließ der Vatikan seinen Römischen Index fallen. Von 1559 an hatte die Liste
der heutigen Glaubenskongregation bestimmt, welche Bücher Katholiken bei Strafe der
Exkommunikation nicht lesen durften.Hubert Wolf leitet das Forschungsprojekt zur Römischen
Inquisition und zur Index-Kongregation an der Universität Münster. Er sagte dem Kölner
Domradio:
„Der Index war eine Reaktion der Kirche auf den Erfolg der Reformation,
die sich ja vor allem dadurch durchgesetzt hatte, dass Luther und andere Reformatoren
eben den Buchdruck benutzt haben, um ihre Ideen zu verbreiten. Beim Index ging es
darum, diese Explosion des Buchmarktes zu kontrollieren und darauf zu hoffen, dass
man dadurch die Ausbreitung gefährlicher reformatorischer Gedanken kontrollieren könnte.
Der Index ist aber nicht in Rom erfunden worden und auch nicht vom Papst, sondern
von den Universitäten wie der Sorbonne in Paris schon 1544 und der Universität Leuven
1546. Rom war also relativ spät dran mit seinem Index. Man wollte dann einen einheitlichen
Index schaffen, damit überall in der Weltkirche klar ist, was man lesen darf.“
Um
den „Schutz des Glaubens“ und um eine Abwehr reformatorischer Ideen sei es dem Vatikan
mit dem Index gegangen, so der Professor. Nicht nur theologische Bücher landeten auf
der schwarzen Liste, sondern auch Literatur. Die Debatte, ob der Vatikan den Index
nicht doch besser wieder abschaffen sollte, setzte schon in der Zeit der Aufklärung
ein – und schleppte sich dann bis ins 20. Jahrhundert.
„Und im Vorfeld des
Zweiten Vatikanischen Konzils überwog dann die Überzeugung, dass katholische Christen
mündig seien und selber entscheiden könnten, was sie lesen oder nicht. Die Abschaffung
des Index ist eine kuriose Geschichte: Eigentlich wurde er ja schon am 7. Dezember
1965 abgeschafft. Da hat Papst Paul VI. die Römische Inquisition in die Glaubenskongregation
umgewandelt. Da stand ein Satz, den niemand richtig verstanden hat: Es werden weiterhin
Bücher untersucht und gegebenenfalls missbilligt. Aber es war nicht mehr die Rede
von Verbieten. Der Index war also eigentlich da schon abgeschafft, und niemand hat
es gemerkt. Dann gab der Kardinalpräfekt am 13. April 1966 ein Interview und sagte:
Den Index gibt es nicht mehr. Das hat alle, von den Laien bis zu den Bischöfen, völlig
überrascht, weil das niemand mitbekommen hatte. Dann musste nach vielen Anfragen die
Glaubenskongregation am 14. Juni erklären, dass der Index wirklich weg ist – und mit
ihm auch die Strafen.“