Guinea-Bissau: Große Unsicherheit nach Militärputsch
In Folge des Militärputsches
in Guinea-Bissau könnte das westafrikanische Land in noch größere Armut und Unsicherheit
abrutschen. Am Donnerstagabend hatten Soldaten den Regierungschef Carlos Gomes Junior
und Interimspräsident Raimundo Pereira festgenommen. In Guinea-Bissau, das als eines
der ärmsten Länder der Welt gilt, kommen Aufstände und Staatsstreiche seit der Unabhängigkeit
1974 häufig vor; eine volle Amtsperiode von fünf Jahren konnte bislang kein Präsident
bestreiten. Tote hat es bei diesem Putsch wohl bisher nicht gegeben, erzählt Pater
Davide Sciocco, der in Guinea-Bissau Direktor eines lokalen Radios ist, gegenüber
Radio Vatikan. Es habe allerdings ein paar Schießereien gegeben. Politisch seien dem
Staat aktuell die Hände gebunden, so der Pater weiter. Eigentlich hätten in Guinea-Bissau
in zwei Wochen Präsidentschaftswahlen stattfinden sollen.
„Alle Aktivitäten
des Staates sind reduziert oder eingeschränkt. In ihrer letzten Erklärung haben die
Militärs nochmals bestätigt, dass alle privaten Radios Sendeverbot haben. Auch unser
Radio ,Sol Mansi‘ wird seit Beginn des Putsches von zwei Soldaten bewacht. Die Situation
ist ruhig, aber sehr traurig und beunruhigend. Leider ist das ein erneuter Rückschritt,
denn wirtschaftlich ging es in unserem Land ein wenig aufwärts, auch, was die Stabilität
betrifft.“
Nach Angaben des Kirchenmannes handelt es sich beim
Putsch um eine Art „Kurzschlusshandlung“ des Militärs; den Plan zur tatsächlichen
Machtübernahme gebe es eigentlich gar nicht, meint Pater Sciocco:
„Die
Militärs fordern nichts. Sie haben einfach entschieden, die Machthaber zu entfernen,
weil diese einen geheimen Pakt mit der Afrikanischen Union und Angola darüber hatten,
das Militärkommando handlungsunfähig zu machen. Das Militär ist zuvorgekommen, will
aber eigentlich gar nicht die Macht. Es hat sich jetzt mit den Parteien zusammengesetzt,
um eine politische Lösung zu finden und die Macht zu übergeben.“
Nach
Verständigung oder einer „Machtrückgabe“ sieht es in Guinea-Bissau laut jüngster Medienberichte
allerdings nicht aus: Die Putschisten hätten eine Regierung der nationalen Einheit
ohne Beteiligung von Regierungschef Gomes und Präsident Pereira gefordert, berichtete
die Agentur efe. Die Putschisten wollten selbst mehrere Minister stellen. Mitglieder
der gestürzten Regierung fürchten derweil um ihr Leben, gab Außenminister Mamadou
Djalo Pires am Samstag in Portugal an. Regierungschef Gomes und weitere Regeirungsmitglieder
sollen sich dagegen in Sicherheit befinden.
Die Europäische Union hat
derweil die Finanzhilfen gedrosselt, die regelmäßig in das arme westafrikanische Land
fließen. Ein Stopp dieser Hilfen wird fatale Folgen haben, prognostiziert Pater Sciocco:
„Guinea-Bissau
ist immer in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und hängt zu großem Teil von internationalen
Hilfen ab. Eine Isolation würde unser Land also in eine wirklich große Krise stürzen.
Die Instabilität fördert illegale Vorgänge, angefangen beim Handel und Drogenhandel,
der in Guinea-Bissau einen seiner Umschlagplätze hat.“