Beschneidung: UNO-Experte für Religionsfreiheit sieht Fehlurteil
Als „Fehlurteil“ hat
der UNO-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, das deutsche
Gerichtsurteil zur religiösen Beschneidung von Buben kritisiert. Bei einer Tagung
zum Thema „Religionsfreiheit“ am Freitag in Salzburg kritisierte der deutsche Philosoph
und katholische Theologe, dass die Kölner Richter ihrer Sorgfaltspflicht bei der Abwägung
zwischen dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit und dem gebotenen Schutz eines Kindes
nicht gerecht geworden seien.
„Die Religionsfreiheit kommt in diesem
Urteil nicht angemessen vor. Und dort, wo sie vorkommt, wird sie verdreht. Auch die
medizinische Beurteilung der Auswirkungen einer Beschneidung ist vom Kölner Landgericht
trotz der vielen unterschiedlichen Ansichten von Experten in dieser Frage sehr rasch
mit Köperverletzung beantwortet worden. Es gibt aber Unterschiede zu Fällen, in denen
Eltern möglicherweise lebensrettende Bluttransfusion bei ihren Kindern verweigern,
auch die Genitalverstümmelung bei Frauen ist ein anderes Thema. Beim der Bluttransfusion
steht das Recht auf Leben deutlich über der Religionsfreiheit. Und niemals kann Religionsfreiheit
ein Rechtfertigungsgrund für Genitalverstümmelung sein.“
Bielefeldt
erinnerte daran, dass Religionsfreiheit eindeutig das Recht von Eltern auf die religiöse
Sozialisation ihrer Kinder beinhaltet. Für viele Eltern sei die Beschneidung ein so
wichtiges Anliegen, dass sie auch bei einer Strafandrohung damit nicht aufhören würden.
Als „bizarr“ wertete der Menschenrechtsexperte das Argument der Kölner Richter, wonach
durch die Beschneidung die Religionsfreiheit des Kindes verletzt werde, weil es dadurch
später nicht mehr selbst entscheiden könne, welcher Religion es angehören wolle. Bielefeldt:
„Wenn das stimmen würde, hätte das Christentum nie existieren können,
denn die ersten Christen waren auch alle beschnitten.“
An der
Tagung „Religionsfreiheit im Zeichen der Globalisierung und Multikulturalität“ nehmen
noch bis Freitagabend zahlreiche Experten der Menschenrechte und Religionsfreiheit
aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Religion teil. Anlass der Konferenz in
der Salzburger Edmundsburg ist das 25-jährige Bestehen des Österreichischen Instituts
für Menschenrechte.