2012-10-17 16:39:24

Spanien: „Sagrada Familia soll 2026 fertig werden“


RealAudioMP3 Sagrada Familia: Kennt jeder. Kulturerbe der Menschheit, Wahrzeichen von Barcelona. 1882 wurde der Grundstein dieser Basilika gelegt, ein Jahr später verschrieb sich Antoni Gaudì, der geniale Architekt aus Katalonien, mit Haut und Haaren diesem Bau. Wohnte wie ein Landstreicher gekleidet auf dem Gelände, zeichnete Pläne für Fassaden, baute Modelle, trieb die Arbeiten voran. Und immer noch ist die Kirche nicht fertig, lange nach Gaudìs Tod im Jahr 1926. Jetzt ist schon der fünfte Architekt an diesem Großprojekt zugange: Jordi Faulí. Kein Neuling auf der Baustelle im Norden von Barcelona:

„Ich habe schon 22 Jahre lang an der Sagrada Familia mitgearbeitet. Dass ich dort jetzt noch größere Verantwortung tragen darf, ist für mich eine große Genugtuung. Auch wenn ich die wachsende Verantwortung fühle. Hier geht es ja um die Fertigstellung des Projekts eines großen Architekten. Und um eine Kirche, die schon jetzt alle Christen in der Welt interessiert.“

So viele große Kirchen im Bau gibt es ja auch nicht heutzutage. Selbst der Papst war schon auf der Baustelle, er hat vor genau zwei Jahren die Basilika eingeweiht, als endlich das Dach eingezogen wurde. Die Sagrada Familia: ein Monument des Jugendstils Marke Barcelona. Muss man sie überhaupt fertigbauen? Oder besser, darf man das, auch wenn man damit riskiert, den Geist Gaudìs zu verfälschen?

„Doch, die Kontinuität ist sehr wichtig, und das war sie auch immer in der Geschichte der Sagrada Familia. Das ist wie bei jeder Kathedrale: Da bewundern wir ein fertiggestelltes Gebäude und reden gar nicht mehr darüber, wie denn jetzt die Architekten hießen. Hier bei der Sagrada Familia gibt es einen Architekten: Und das ist Gaudì. Auch nach seinem Tod gab es immer eine Kontinuität zu ihm, eine Treue zu seinem Projekt und zu seinen Plänen. Übrigens gibt es auch eine Kontinuität, die sich über die Generationen hinweg an Personen festmacht: An der Sagrada Familia haben immer Architekten aus Gaudìs Jahrhundert gearbeitet, und das jetzt schon in fünfter Generation – und das Wissen ist immer von einer Generation an die nächste weitergegeben worden.“

Immer noch im Bau - dabei hat die Sagrada Familia schon sehr unterschiedliche Zeiten erlebt: Als Gaudì, für den übrigens ein Seligsprechungsverfahren läuft, Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau begann, gab es ständig Attentate und Anarchistenunruhen in Barcelona. Der Bauherr hat im Kreuzgang der Basilika sogar einen Anarchisten verewigt, als Statuette, eine Bombe in der Hand. Dann gingen der spanische Bürgerkrieg und die Franco-Ära über das Gebäude hin – und heute herrschen Wirtschaftskrise und Separatismus.

„Gaudì selbst hat die Krypta fertiggestellt und die Weihnachts-Fassade, durch die die Sagrada Familia sofort in der ganzen Welt bekannt wurde. Dann haben seine Schüler auf der Basis seiner Zeichnungen und Modelle die Fassade der Passion Jesu errichtet. In den letzten 25 Jahren haben wir unter der Leitung des Architekten Jordi Bonet das Mittelschiff gebaut, den inneren Teil der Basilika und den liturgischen Raum.“

Subventionen vom Staat bekommen die Bauleute nicht: Die Bruderschaft, die die Basilika baut, finanziert das Ganze nur durch Spenden und Eintrittsgelder. Acht der geplanten zwölf Glockentürme sind schon fertig, über hundert Meter hoch. Am Schluss, wenn das zentrale Kuppelgewölbe obendrauf sitzt, wird die Sagrada Familia 170 Meter Höhe erreichen – und sehr viel anders aussehen als jetzt. Irgendwie byzantinischer.

„Wir arbeiten im Moment vor allem an zweierlei: Erstens an einer der beiden Sakristeien, das ist ein Gebäude von ca. vierzig Metern Höhe in Form einer Kuppel. Wir stützen uns dabei auf ein Gipsmodell von Gaudì. Und zweitens wagen wir uns an den zentralen Teil heran: Das ist ein sogenannter Turm der Jungfrau Maria über der Apsis. Außerdem entsteht über dem Mittelschiff der höchste Turm, der Jesus Christus gewidmet sein wird. Die Säulen für diesen Mittelturm sind schon in Arbeit.“

Vieles an der Sagrada Familia erinnert an gotische Kathedralen – etwa an die von Barcelona, die nur ein paar Kilometer Luftlinie entfernt ist. Doch die Sagrada Familia beweist uns heute, dass die Epoche großer Kirchenbauten noch nicht vorbei ist.

„Im Moment gehen wir davon aus, dass die Sagrada Familia 2026 fertig sein wird. Wir hoffen das vor allem, weil es ein sehr wichtiges Datum ist, dann wird nämlich der 100. Todestag von Gaudì begangen. Aber auch, wenn wir uns den Fluss an Spendengeldern anschauen und den entsprechenden Rhythmus der Bauarbeiten, glauben wir, sagen zu können: 2026 ist das wahrscheinliche Datum für einen Abschluss des architektonischen Teils der Kirche.“

(rv 17.10.2012 sk)








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