2016-11-10 08:19:00

Adveniat-Aktion: Wider das „Vordringen weißer Kultur“


„Schütz unser gemeinsames Haus“ – wenn das Hilfswerk Adveniat in diesem Jahr seine Weihnachtsaktion unter einen der Enzyklika Laudato Si’ entnommenen Titel stellt, dann betont sie vor allem das Wort „gemeinsam“. Es sind verschiedene Parteien, die in diesem Haus wohnen, um im Bild zu bleiben, einige davon sind gefährderter als andere. Dafür will die Aktion, die am 27. November in München feierlich eröffnet wird, sensibilisieren: „Bedrohte Schöpfung – bedrohte Völker“ heißt sie, und es geht zum Beispiel um indigene Völker in Lateinamerika.

Armindo Goes Melo ist Anführer seines Heimatdorfes Maturaca im Nordwesten Brasiliens. Im Rahmen der Adveniat-Weihnachtsaktion ist er in der Adventszeit in Deutschland unterwegs, um vom Kampf seines Volkes gegen das „Vorrücken der weißen Kultur“ zu erzählen: So fasst das Naturvolk der Yanomami den wachsenden Einfluss moderner Kultur und Zivilisation auf seinen Lebensraum. Dieser Einfluss zeigt sich etwa in Form von Bauprojekten oder Goldgräbern, die nach Maturaca kommen, und bedroht die ethnische Gruppe und ihre Umwelt seit den 1960er-Jahren.

Das Vordringen weißer Kultur

„Unsere Jugendlichen zieht es immer mehr zu den technischen Dingen des weißen Mannes hin. Manche von uns schätzen bereits ihre eigene Kultur gering, während sie die nicht-indigenen Dinge toll finden“, berichtet er aus seiner Heimat. Auswirkungen hat das auch auf das Selbstwertgefühl der Indigenen. „Manche Yanomami haben heute Angst, ihre Kultur auszuleben, ihre Identität zu zeigen, ihre Sprache vor den Nicht-Indigenen zu sprechen. Wir werden zwar immer Yanomami bleiben, aber die kulturellen Rituale, Zeremonien, das Wissen, all das könnte verloren gehen. Der Mensch an sich wird wohl überleben, das traditionelle Wissen aber vielleicht nicht. Und das wird dann durch das Wissen ersetzt, das die Schulen vermitteln. Deswegen müssen unsere Schamanen mitentscheiden, was in den Schulen hier bei uns gelehrt werden soll.“

Die traditionelle Lebensweise ist also auf dem Rückzug. Neben dem Selbstwertgefühl des Einzelnen seien vor allem die gemeinsamen Feiern der eigenen Kultur betroffen, berichtet Armindo Goes Melo: „Die Feste waren stets ein gemeinschaftliches Ereignis. Alle haben mitgearbeitet, mitgejagt, haben vorbereitet und sich um die Gäste gekümmert. Sobald aber ein zivilisiertes Denken einzieht, wird alles anders. Mein Gott – plötzlich kosten alle Dinge Geld, aber keiner ist bereit, dafür zu bezahlen! Keiner will Verantwortung dafür übernehmen. Wir haben noch keine klare Idee, wie wir auf so etwas reagieren sollen. Wir sollten uns vorbereiten, sollten schauen, wer wir wirklich sind. Denn wir geben Dingen zu viel Wert, die uns eigentlich vollkommen fremd sind.“

Klug mit der Umwelt umgehen lernen

Das Vordringen der Kultur der Weißen lässt sich meistens mit Raubbau an der Natur übersetzen, Mineralien, Öl und Holz wird gebraucht, Gebiete wie Amazonien leiden darunter. Nirgendwo ist der Raubbau an der Schöpfung so offensichtlich wie im Amazonasgebiet: Eine Fläche von der Größe Frankreichs ist bereits unwiederbringlich zerstört. Der Klimawandel und der maßlose Abbau von Rohstoffen vernichten den Lebensraum derer, die schon immer dort gelebt haben.

Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck hat sich vor Ort selbst ein Bild davon gemacht, wie die Indigenen leben und was sie bedroht. Wir Europäer könnten von den Indigenen etwas lernen, so Overbeck: ein „unmittelbares, mit der Natur verbundenes Bewusstsein“ darum, wie man klug mit der Umwelt umgeht.

„Die Herausforderungen, die sich global ergeben, haben immer lokale Folgen. Und hier in Deutschland bedeutet dies – und dafür ist Adveniat ja auch da –, um Spenden zu bitten, damit wir den Menschen in den bedrohten Gebieten des Amazonas in Lateinamerika helfen können: Es geht sowohl darum, sie zu unterstützen, sich selber eine politische und damit auch wirksame Stimme zu geben, und gleichzeitig darum, dafür Sorge zu tragen, dass wir selbst einen Lebensstil pflegen, der auf Dauer immer mehr Ökologie-kompatibel wird.“

(pm 10.11.2016 ord)








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