Petersbasilika
Wer die Peterskirche besuchen will, sollte zunächst einmal
richtig gekleidet sein, denn die vatikanischen Ordnungskräfte
legen großen Wert auf bedeckte Knie und Schultern. Selbst
Kinder in kurzen Hosen laufen Gefahr, abgewiesen zu werden. Stimmt
das Outfit, kann es losgehen. Die Hauskirche des Papstes wurde rund
um das Grab des heiligen Petrus erbaut. Die Baugeschichte ist lang
und verworren. Heute ist der Petersdom nicht nur die berühmteste
Kirche, sondern auch die wichtigste katholische Pilgerstätte
der Welt.
Der erste Eindruck des Besuchers ist die großartige Platzgestaltung
des Barockarchitekten Gianlorenzo Bernini bzw. sein Gedanke des
"Teatro Sacro", des "Heiligen Theaters": Im
17. Jahrhundert schuf der Barockmeister vor der Basilika eine riesige
von vier Säulenreihen umfaßte runde Piazza. Wie in einem
Becken konnten die Menschen sich hier - aus dem engen Gassengewirr
des Borgo kommend - sammeln. Sie wurden zu den Eingangstoren der
Basilika gelenkt, und von dort richtete sich ihr Blick, Berninis
Inszenierung folgend, auf den großen Bronzebaldachin über
dem Petrusgrab und schließlich auf die Alabastertaube (oberhalb
der Cathedra Petri) als Symbol für den Heiligen
Geist im Chorfenster des Petersdomes. Diese warmen Bronzeakzente
haben in einer Landschaft aus kühlem Marmor eine starke Wirkung
und beherrschen die erste Wirkung des Komplexes. Erst dann wird
der Besucher sich der riesenhaften Dimensionen bewusst, die im Petersdom
herrschen. Zwei Beispiele: Die Höhe von Berninis Baldachin
(29 Meter) entspricht der des Palazzo Farnese auf der Piazza Farnese.
Und: In einen der Vierungspfeiler würde ganz San Carlo alle
quattro Fontane passen, also Kirche und Kloster - (ein Werk Francesco
Borrominis, des architektonischen Gegenspielers von Bernini). Auf
dem Boden des Petersdoms sind Marken eingelassen, die vom Chor aus
gemessen die Größe anderer berühmter Gotteshäuser
kennzeichnen. Etwa der Hagia Sofia oder der großen deutschen
Dome. Schnell wird klar, dass die Peterskirche ein Bauwerk ist,
bei dem der Mensch in seiner Proportion nicht das Maß der
Dinge war. Unzählige Kunstwerke zieren die große Kirche.
Beim Betreten der Basilika geben die Türen einen guten Einblick
in das Werk italienischer Bronzekünstler des 20. Jahrhunderts,
besonders eindrucksvoll ist die ganz linke Tür, Giacomo Manzùs
"Porta della Morte". Ein Auftragswerk Johannes XXIII.,
den eine tiefe Freundschaft zu seinem Landsmann und bekennenden
Atheisten-Freund Manzù prägte. Das rechte der fünf
Eingangstore ist die Heilige Pforte, die nur im Heiligen Jahr geöffnet
wird. Direkt dahinter, in der ersten Kapelle auf der rechten Seite
befindet sich Michelangelos Pietà, ein Früh- und gleichzeitig
Hauptwerk des Meisters, das noch ganz der Renaissance verhaftet
ist. Nur 23 Jahre alt war Michelangelo, als er 1498 die Madonna
mit dem toten Christus in den Armen schuf. Ein Alter, das die Harmonie
in der Komposition und die vollendete Behandlung des Marmors kaum
möglich erscheinen läßt. Im Mittelschiff, am Longinuspfeiler
steht die Statue des Heiligen Petrus in der Haltung eines altrömischen
Senators. Sein Fuß ist von den Ehrbekundungen der Pilger ganz
blank gescheuert. Das Werk des 13. Jahrhunderts trägt spätantike
Züge, da es in Anlehnung an Statuen aus dem 5. Jahrhundert
geschaffen wurde.
Insgesamt 23 Papstgräber zieren die Peterskirche. Zwei von
ihnen flankieren die Cathedra Petri. Rechts das Grabmal des Barberini-Papstes
Urban VIII., und links das des Farnese-Papstes Paul III. Beide sind
für ihre Zeit typisch. Guglielmo della Porta vollendete 1575
das Grabmal für Paul III. und kreierte damit den Typ des Ehrenmals:
Als Lehrer der Kirche thront der Papst über seinem Sarkophag.
Zu seinen Füßen lagern die Personifikationen der Tugenden
Gerechtigkeit und Klugheit. Körperhaltung und Gestik Pauls
III. veranschaulichen die humanistische Haltung des Papstes: still
und gemäßigt. Ganz anders Urban VIII., wie ihn Bernini
ein knappes Jahrhundert später darstellte: Als Herrscher auf
einem Sockel streckt der Barberini-Papst, mit der Tiara gekrönt,
gebieterisch die Hand aus. Sein Sarkophag ist reich verziert, zu
beiden Seiten sind die Statuen von Caritas und Iustitia, der allegorischen
Gestalten für Nächstenliebe und Gerechtigkeit. Ein Spätwerk
Berninis ist das Grabmal des Chigi-Papstes Alexander VII. Es befindet
sich am Ausgang in Richtung Piazza S. Marta und bei einem der Aufgänge
in die Kuppel. Die Tür wurde von dunklem Marmor umfangen und
darüber - wie ein drappiertes Tuch - eine wallende Jaspismasse
gelegt. Daraus steigt der Tod als Gerippe hervor. In der Hand hält
er, als Memento Mori eine Sanduhr. Alexander VII. kniet ins Gebet
vertieft auf einem hohen Sockel. Zu seinen Füßen sind
vier allegorische Figuren dargestellt: Gerechtigkeit, Weisheit,
Nächstenliebe und Wahrheit.
Im Zentrum der Peterskirche liegt das Petrusgrab: Der Apostel Petrus
war der erste Bischof Roms. Unter Kaiser Nero fand er 64 n. Chr.
den Tod als Märtyrer. Ein erstes Grabmal gab es offenbar bereits
im 2. Jahrhundert. Über dem Grab hatte bereits Kaiser Konstantin
eine erste - 326 von Papst Silvester I. geweihte - Kirche erbaut.
Von diesem Bau sind nur wenige Details erhalten, einige davon findet
man im Museo Storico Artistico, dem Domschatz. (Etwa eine der gedrehten
Säulen, die ehemals über der Confessio, dem Petrusgrab,
standen.) Man erreicht das Museum, genau wie die Nekropole und die
Sakristeien über den Ausgang vor der Vierung links, neben dem
Altar Papst Gregors d. Großen. In der Vierung, zwischen den
mächtigen Pfeilern stehend, kann man sich vorstellen, wie im
15. Jahrhundert mit dem Bau der neuen Peterskirche in den baufälligen
Trümmern der alten begonnen wurde. Von Anfang an war das Projekt
in riesigen Ausmaßen, geplant, so dass in der gesamten katholischen
Welt Geld gesammelt werden musste. Die Bauarbeiten zogen sich über
fast 300 Jahre hin. Erst unterbrach die Reformation den Geldfluss,
dann wurden die Baupläne immer wieder geändert. Ursprünglich
war ein Zentralbau geplant. Dem wurde später noch ein Langhaus
hinzugefügt, und die große Kuppel geht auf Pläne
Michelangelos zurück. Bei der großen Zahl von Baumeistern,
die an der Gestaltung der Petersbasilika mitwirkten, ergaben sich
am Ende bauliche Kompromisse. So verdeckte das Langschiff den Fuß
der Kuppel, und die Fassade wirkte optisch wie ein auseinanderfließender
Riegel. Zumindest bis Bernini sie gleich Armen von den Kollonaden
umschließen ließ.
Die Bilder im Petersdom sind keine Originale, sondern Mosaikkopien
aus dem 18. Jahrhundert, da die Witterungsverhältnisse in der
Kirche den Bildern schadeten. Das "Minuto Mosaico" ist
eine spezielle, nur in Rom verwendete Technik. Die eigentlichen
Bilder gehören heute zum Bestand der vatikanischen Museen.
Last but not least: Einen überwältigenden Blick über
den Vatikan und die Stadt Rom genießt man von der Kuppel.
Bereits der Weg dorthin (über kleine Treppchen zwischen den
doppelschaligen Wänden und über den inneren Umlauf der
Kuppel) ist ein Erlebnis. Zum Aufgang folgen Sie bitte der Beschilderung.
Öffnungszeiten:
Basilika 7 - 19 Uhr (Oktober bis März nur bis 18 Uhr) Schatzkammer
9 - 18 Uhr (Oktober bis März nur bis 17.30) Kuppel 8 - 18 Uhr
(Oktober bis März nur bis 17 Uhr) - für Schatzkammer und
Kuppel muss man Eintritt bezahlen. Bei Gottesdiensten kann es sein,
dass die Basilika für Touristen geschlossen wird.
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