Vatikanische
Museen
Ganz gleich, an welchem Tag des Jahres und zu welcher Uhrzeit, vor
den vatikanischen Museen bildet sich so gut wie immer eine lange
Schlange. Manchmal ist diese sogar mehrere Hundert Meter lang. Das
sollte niemanden davon abhalten, sich hinten anzustellen, denn de
facto geht es schnell vorwärts, halten sich die Wartezeiten
im Rahmen. Wer dann den vergleichsweise hohen Eintrittspreis gezahlt
hat, den erwartet eines der großartigsten Museen der Welt
- eigentlich eine ganze Museumslandschaft, die von der Vorzeit bis
in die Gegenwart die bedeutendsten Kunstwerke vereinigt. Unser Rundgang
kann nur einen kleinen Teil des Museums behandeln - aber die Tour
lohnt sich! (Ein vollständiger Gang durch die Museen wäre
etwa 7 km lang und würde an über 50.000 Kunstwerken vorbeiführen.)
Wer mag, kann immer wieder abweichen und mit dem Führer oder
selbständig weiter erkunden, was der Vatikan sein Eigen nennt.
Los geht's!
Wir folgen der Beschilderung in Richtung Pinakothek und betreten
einen Hof, von dem aus man einen besonders schönen Blick auf
die Peterskuppel hat. Rechts betritt man die Pinakothek, die Bildersammlung.
Ziemlich am Anfang sieht man die abgenommenen Chor-Fresken
aus der Kirche S. Maria degli Angeli von Melozzo da Forlì.
Die feinsinnigen, musizierenden Engel gehören zum schönsten,
was die Malerei des 15. Jahrhunderts geschaffen hat. Interessant
ist außerdem, im Kopf zu halten, dass dies der Stil war (die
Bilder entstanden etwa 1475), der herrschte, als Michelangelo und
Raffael geboren wurden. Interessant deshalb, weil man später
sehen wird, wie sehr diese beiden Künstler sich von der Renaissance
wegbewegten und binnen einer Generation vollkommen neue, geradezu
dramatische Wege einschlugen. Noch etwas später ist dann das
Barockgenie Caravaggio, von dem einige Bilder in Saal XII der Pinakothek
hängen, unter anderem die Kreuzabnahme.
Über den Cortile della Pigna geht es weiter in Richtung Belvedere.
Der Pinienhof ist nach dem antiken Pinienzapfen benannt, der ehemals
im Atrium von Alt-St. Peter stand. (Dort sah ihn auch Dante und
beschrieb ihn in seinem Inferno.) Inzwischen steht die "pigna"
unter einer Halbkuppel, die den Blick vom weiter unten gelegenen
Damasushof sammeln sollte - das ist heute nicht mehr möglich,
weil ein neugebauter Gebäudeflügel die Sicht versperrt.
In der Mitte des Hofes die Mappa Mondo, die Weltkugel von Arnaldo
Pomodoro, einem der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler
Italiens.
In der "Galleria degli Arazzi" hängen die flämischen
Teppiche, die an Festtagen die sixtinische Kapelle schmückten.
Außerdem sieht man hier an drei Bildern von Raffael, wie der
Künstler binnen kürzester Zeit seinen Stil verändert.
Die Himmelfahrt Mariens, (Papa Oddi, 1502), ist noch geprägt
vom strengem Frührenaissancestil Peruginos, des umbrischen
Lehrers von Raffael. Gelöst und natürlich erscheint dagegen
die Madonna von Foligno aus dem Jahr 1512. Die Verklärung Christi
ist das letzte Bild, das Raffael vor seinem Tod im Jahr 1520 mit
nur 37 Jahren gemalt hat. Es ist bereits eine Vorwegnahme des Barock
und gehört zu den größten jemals geschaffenen Kunstwerken.
Weiter zum Belvedere-Hof, der die berühmtesten Skulpturen der
vatikanischen Sammlung beherbergt, die Laokoongruppe und den Apoll
von Belvedere. Beides Marmorkopien griechischer Bronzeoriginale,
die verloren sind. In einer höhergelegenen Nische steht der
"Apoxyomenos" und reinigt sich mit einem Schaber vom Öl,
mit dem er sich vor dem Wettkampf eingerieben hat. Es ist die römische
Marmorkopie eines der Hauptwerke des Lysipp aus dem 4. Jh. v.Chr.
Daneben kann man einen Blick auf die fünfstöckige Wendeltreppe
des Bramante werfen (16. Jh.), die wegen ihrer flachen Stufen sogar
beritten werden kann.
Im so genannten Braccio Nuovo sind vor allem zwei Statuen sehenswert:
der Augustus von Primaporta (die berühmteste und beste Darstellung
des Kaisers) und der "Doryphoros", der Lanzenträger
(nach einem Bronzeoriginal des Polyklet von 440 v. Chr., das sich
dem Studium der menschlichen Proportionen widmet).
Weiter geht es in den Stanzen, die Raffael zwischen 1483 und 1520
ausmalte. Besonders eindrucksvoll sind hier die Schule von Athen,
eine Darstellung des geistigen Erbes der alten Griechen, und die
Disputation über das allerheiligste Altarsakrament. Beides
Werke, die von der ungeheuren malerischen Leistung und der Kompositionskunst
Raffaels zeugen. Etwas weniger modern und noch sehr vom Gold der
Heiligenscheine dominiert, wirken dagegen die Malereien im Appartamento
Borgia, die zwischen 1492 und 1495 von verschiedenen Malern ausgeführt
wurden, darunter Pinturicchio und Perin del Vaga.
Das größte Erlebnis in den vatikanischen Museen wird
aber wahrscheinlich die sixtinische Kapelle sein. Bevor man sie
betritt, hat man Gelegenheit sich an Schaubildern ihren Aufbau zu
vergegenwärtigen. Besonders als Gruppe ist das sinnvoll, da
man in der Kapelle selbst, die immer stark besucht ist, nur sehr
leise sprechen darf. Also erst orientieren, und dann in der Kapelle
schauen. Ihren Namen trägt die Kapelle (1473 - 84) von ihrem
Erbauer, Sixtus IV. Die Malereien stammen aus verschiedenen Schaffensperioden.
Die gegenüberliegenden Zyklen aus dem Leben Mose und Jesu wurden
von den bedeutendsten Künstlern des ausgehenden 15. Jahrhunderts
geschaffen, darunter Botticelli, Pinturicchio und Ghirlandaio. In
nur drei Jahren (1481 - 83) gelang es ihnen, unter strengen Auflagen
ein einheitliches Renaissance-Werk zu schaffen. Die Deckenmalerei
mit Darstellungen der Erschaffung der Welt und der Geschichte Noahs
stammt von Michelangelo und ersetzte zu Beginn des 16. Jahrhunderts
den ursprünglich gestalteten Sternenhimmel. Auch das Jüngste
Gericht an der Westwand stammt von Michelangelo, allerdings liegen
zwischen Decke und Westwand gut 25 Jahre. Mit der sixtinischen Kapelle
endet der Rundgang durch die vatikanischen Museen.
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