- Papst: Gott läßt
Menschen nicht im Stich -
- Lehmann: Man kann Gott
auch anklagen -
- Vatikanischer Außenminister:
Helft Irak! -
Verantwortlich: P. Eberhard v. Gemmingen SJ / Stefan v. Kempis
Redaktion: Gudrun Sailer
Redaktionsschluss: 16.00 Uhr
AUS UNSERER BERICHTERSTATTUNG:
Papst:
Gott läßt Menschen nicht im Stich
Gott
lässt die Menschen niemals im Stich - auch nicht in schweren
Prüfungen. Daran erinnerte Papst Johannes Paul II. heute auf
dem Petersplatz. Vor Zehntausenden Pilgern und Besuchern sagte der
Papst bei diesem ersten Angelus im Neuen Jahr: "Der Glaube
lehrt uns, dass Gott uns auch in den schwierigsten und schmerzhaftesten
Prüfungen - so wie jetzt angesichts der Katastrophe in Südostasien
- nicht allein lässt. Im Weihnachtsgeschehen ist Gott zu uns
Menschen gekommen, um unsere Existenz zu teilen. Das Kind von Bethlehem
hat den Christen das Gebot der Liebe hinterlassen. In der konkreten
Umsetzung dieses Gebots wird die Gegenwart des Herrn erfahrbar:
Diese Botschaft ist die Basis für die Hoffnung auf eine bessere
Welt, sofern wir auf dem Weg der göttlichen Liebe voranschreiten."
Johannes Paul II. fügte hinzu, er freue sich über
den "Wettlauf der Solidarität", der sich in diesen
Tagen in allen Teilen der Erde entwickle. Auch diese Solidarität
sei Grundlage für die Hoffnung auf bessere Tage im neuen Jahr.
(rv)
Vatikan:
Lajolo, Türkei soll Religionsfreiheit selbst beweisen
Die Türkei sollte der Europäischen Union gegenüber
nachweisen, dass ihr wirklich an der Respektierung der Religionsfreiheit
liegt. Das forderte der vatikanische "Außenminister",
Erzbischof Giovanni Lajolo, jetzt im Gespräch mit Radio Vatikan.
Lajolo antwortete auch auf die Frage, welcher Kontinent und welches
Land ihm zur Zeit die größten Sorgen bereiten: "Einige
Länder in Afrika. Im Zentrum der Aufmerksamkeit des Heiligen
Stuhls steht ebenso immer das Heilige Land. Des weiteren beschäftigen
uns mehrere Länder, vor allem in Asien, in denen die Religionsfreiheit
nicht genügend geachtet wird. In der Mitte unserer Sorge stehen
aber in diesen Tagen jene Länder - vor allem Sri Lanka und
Indonesien - die von dem furchtbaren Seebeben verwüstet worden
sind und so viele Opfer und Obdachlosen beklagen."
Trotz vieler Signale in Richtung Volksrepublik China ist dieses
Land auf der Landkarte des Vatikans noch immer ein weißer
Fleck. Wo sehen Sie hier einen Ansatz zur Normalisierung?
Lajolo: "Eine positive Wende in den Beziehungen zur Volksrepublik
China kann nur durch einen offenen Dialog bewerkstelligt werden,
der auch den Wegfall von Vorurteilen bewirkt. Die volle und unbehinderte
Einheit der chinesischen Katholiken mit dem Papst und die Freiheit
im Bekenntnis ihres Glaubens würden diese keinesfalls daran
hindern, gute Bürger ihres Landes zu sein: ganz im Gegenteil,
im Besitz der Freiheit könnten sie in noch besserer Weise in
der Gesellschaft wirken. Das beweist u.a. das Beispiel Deutschlands
und aller anderen freien Länder."
* Der Vatikan sieht mit großer Aufmerksamkeit auf die Außenpolitik
der USA. Nicht immer sind sich Rom und Washington, vor allem was
den Irak und die Nah-Ostpolitik betrifft, einig. Erwartet sich der
Heilige Stuhl Kurskorrekturen von Seiten der amerikanischen Regierung?
Lajolo: "In der jetztigen Lage scheint mir, dass die Ansichten
des Heiligen Stuhls und der Vereinigten Staaten sich wohl nicht
so sehr von denen anderer Regierungen unterscheiden: Dem Irak soll
geholfen werden, sobald wie möglich innerlich befriedet zu
sein, so daß der irakischen Bevölkerung neue Leiden erspart
bleiben und sie ihre Zukunft nach demokratischen Regeln selbst in
die Hand nehman kann. Eine große Sorge des Heiligen Stuhls
betrifft vor allem die kleine christliche Minderheit, deren Wurzeln
im Irak älter sind als die der islamischen Bevölkerungsmehrheit.
Die Christen fühlen sich jetzt in ihrer Existenz bedroht und
Tausende von ihnen suchen eine Zukunft im Ausland. - Was das Heilige
Land betrifft, gibt es Anzeichen für die Möglichkeit eines
Neubeginns im Verhältnis der israelischen Regierung und den
palästinensischen Behörden. Eine Situation des Friedens
würde auch den christlichen Institutionen und der kleinen christlichen
Minderheiten, die auch im Heiligen Land bestimmt keinen leichten
Stand haben, zugute kommen."
* Der Papst hat wiederholt von einem 'Europa vom Atlantik bis zum
Ural' gesprochen. Gehören auch die Ukraine und die Türkei
zu dieser Vision?
Lajolo: "Die Ukraine ohne Zweifel. Abgesehen von ihrem wirtschaftlichen
Potential und ihrer strategischen Lage ist der kulturelle Beitrag,
den sie dem europäischen Gefüge geben kann, von noch größerer
Bedeutung. - Ob die Türkei zu Europa gehört? Das soll
die Türkei selbst beweisen, indem sie sich die Grundwerte der
Europäischen Union zu eigen macht, vor allem, was die Bedeutung
der Grundrechte des Menschen, insbesondere die Religionsfreiheit,
im tatsächlichen Leben der Gesellschaft betrifft."
* Innerkirchlich betrachtet waren zur Jahrtausendwende - in der
Zeit, als Sie der Vertreter des Heiligen Stuhls in Deutschland waren
- vermutlich die Debatte um den straffreien Schwangerschaftsabbruch
und das Dokument 'Dominuns Jesus' die heißesten Eisen zwischen
Rom und Berlin Kein Zweifel, dass Sie als Vertreter des Papstes
eine schwierige Position einnehmen mußten. Wie sehen Sie das
heute im Rückblick?
Lajolo: "Zum System der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen
möchte ich zuerst sagen, dass alle in der katholischen Kirche
den Müttern in Schwierigkeiten zu einer positiven Entscheidung
zugunsten des Kindes helfen wollten. Man hat lange gerungen, um
eine gemeinsame Lösung der geeigneten Mittel zu finden, die
das Zeugnis der Kirche zugunsten des Lebens nicht verdunkeln würde.
Der Versuch - er war schwierig und durchlitten - ist nicht gelungen.
Man muss mindestens anerkennen, dass die deutschen Bischöfe
das Problem erkannt haben und sich äußerst engagiert
um eine Lösung bemüht haben. Das kann man nicht von allen
sagen. - Die erschwerte Annahme von 'Dominuns Jesus' ist der besonderen
ökumenischen Empfindlichkeit einiger Katholiken zuzuschreiben,
die sich vom katholischen Ökumeneverständnis wegbewegt
haben. 'Dominus Jesus' hat einige unabdingbare Grundwahrheiten des
katholischen Glaubens wieder in Erinnerung gerufen. Dass dies, wie
manchmal angemerkt wird, in einer ökumenischeren Sprache hätte
geschehen können, darf man zugeben, ist aber letzten Endes
nicht entscheidend.
(rv)
DIE
NACHRICHTEN:
Deutschland
Kardinal Karl Lehmann hat die Politik angesichts der Katastrophe
in Asien aufgerufen, eine soziale Globalisierung zu gestalten.
Erdbebengefährdete Regionen bräuchten bessere Frühwarnsysteme
und womöglich auch eine andere Siedlungspolitik, schreibt der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in der "Bild am
Sonntag". Angesichts des Leidens und der Trauer Hunderttausender
betonte Lehmann, man könne Gott auch anklagen. Er persönlich
habe nur eine Antwort auf die Frage, weshalb Gott so etwas zulasse.
"Der Blick geht auf den gekreuzigten Jesus. Gott teilt in ihm
unser Leben. Er kommt deshalb auch in unsere letzten Abgründe."
Überhaupt standen die Äußerungen deutscher Bischöfe
um die Jahreswende unter dem Eindruck der Flutkatastophen in Asien.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, rief
zu "riesiger weltweiter Solidarität auf. Würde eine
"soziale Globalisierung gelingen, dann könnte man hoffen,
dass auch in der Menschheit ein neues Denken beginnen könnte.
Der Limburger Bischof Franz Kamphaus regte an, sich Rechenschaft
über die eigenen Gottesbilder zu geben. Die heute gängigen
Gottesvorstellungen entsprächen den "Träumereien
von einer leidfreien Gesellschaft". Hingegen forderte der Trierer
Bischof Reinhard Marx, Medienverantwortlicher des Episkopates, dazu
auf, mit der Hilfe auch noch da zu sein, wenn "die Kameras
und die Aufmerksamkeit erloschen seien." (kna)
Schweiz
Rund 10.000 Menschen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich
haben an der fünftägigen christlichen Konferenz "Explo
04" in Basel teilgenommen. Organisiert hatte sie die Missions-
und Schulungsorganisation "Campus für Christus Schweiz".
Die Veranstaltung in den Basler Messehallen, die gestern zu Ende
gegangen ist, bot Interessierten unter dem Titel "Gemeinsam
vorwärts" Referate, Interviews, Filme sowie Seminare.
Die Explo soll das Miteinander stärken und die Solidarität
und Opferbereitschaft der Christen fördern, hieß es.
(kipa)
Portugal
In Lissabon ist ein Taizé-Treffen von 40.000 Jugendlichen
mit einer Messe im Hieronymos-Kloster zu Ende gegangen. Der
Gründer und Prior der ökumenischen Bewegung, Frère
Roger, rief zum Abschluss der fünftägigen Veranstaltung
dazu auf, die Wiederherstellung der Einheit der christlichen Kirchen
nicht länger aufzuschieben. Der 89-Jährige rügte
all jene, die ihre Energie in die Aufrechterhaltung der Trennung
setzten. Zum Taizé-Treffen hatte Papst Johannes Paul II.
eine Grußbotschaft nach Lissabon geschickt, ebenso der ökumenische
Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios, der orthdoxe Patriarch
von Moskau, Alexej II., und der Erzbischof von Canterbury, Rowan
Williams. (kna/efe)
Rumänien
Der Patriarch der rumänisch-orthodoxen Kirche, Teoctist,
hat den Gläubigen nahegelegt, den Opfern der Flutkatastrophe
in Südasien zu helfen. In einem Gottesdienst am Samstag
rief Teoctist zum Gebet für die Opfer sowie zum Schicken von
"auch symbolisch gemeinten" Hilfsgütern auf. Der
rumänisch-orthodoxen Kirche gehören 20 der 22 Millionen
Einwohner des Landes an. (afp)
Nahost
Israel
Die Anführer der Menschheit sollen ihre Gewissen erziehen,
damit die Beziehungen zwischen den Völkern sich verbessern.
Das sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Michel
Sabbah, in seiner Ansprache zu Neujahr. Die Politiker müssten
das universale moralische Recht respektieren lernen, damit es nicht
von nationalen Egoismen vereinnahmt werde. (misna)
Amerika
Kuba
Die Versorgung der Bürger durch den Staat kann dazu führen,
dass Menschen gegenüber den Sorgen und Nöten ihrer Nächsten
unempfindlich werden. Das sagte der Erzbischof von Havanna,
Kardinal Jaime Ortega, in seiner Predigt bei der Messe zum 1. Januar.
Er rief dazu auf, den "Hass in den Herzen" zu beseitigen.
An der Messe nahmen die Angehörigen zahlreicher Dissidenten
teil, die im Frühling 2003 zu langen Haftstrafen verurteilt
worden waren. Der 1. Januar ist der Jahrestag der Revolution von
Staatschef Fidel Castro. (efe)
Asien
Bis
zu zehn Jahre wird der Wiederaufbau in den 12 Ländern der Katastrophe
in Süd- und Südostasien dauern. Das hat nun UNO-Generalsekretär
Kofi Annan bekannt gegeben. Die verheerende Flut ist seiner Einschätzung
nach die größte Katastrophe, mit der die Vereinten Nationen
jemals konfrontiert wurden. Millionen Menschen bräuchten dringend
Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente, sagte Annan. Die Hilfszusagen
aus aller Welt belaufen sich mittlerweile auf rund zwei Milliarden
Dollar.
Über die Lage in Indonesien meinte uns gegenüber der italienische
Missionar Pater Laurenzi: "In Indonesien ist die Lage unverändert
von Trauer und Klagen bestimmt. Aus dem Ausland kommen viele Hilfslieferungen.
Mittlerweile konnten die Helfer zum Glück in eine Stadt an
der Westküste vordringen, die über Tage isoliert war.
Langsam geht es auch ins Landesinnere. Hier liegen überall
noch Tote herum. So viele, dass sie nicht mehr gezählt werden.
Jetzt bereits kommen Leute auf uns zu, die Waisenkinder adoptieren
wollen."
Für
die schwer betroffene Krisenregion Aceh sieht Pater Laurenzi aber
auch einen Hoffnungsschimmer politischer Art. "Aceh
war immer eine abgeschlossene Provinz, isoliert und kontrolliert
von Soldaten. In diesen Tagen musste sie sich zwangsläufig
öffnen. In der Gefahr akzeptiert man Hilfe von allen, die sie
anbieten Insofern regt dieses Unglück zum Nachdenken an. Und
es gibt die Möglichkeit zur Solidarität, zum Austausch
zwischen den verschiedenen Provinzen und Inseln."
Auch
der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn hält
sich zur Zeit in Aceh auf. Am gestrigen 1. Jänner feierte er
eine Messe in einem Flüchtlingslager in Banda Aceh: "Einer
der bewegendsten Gottesdienste, die ich je erlebt habe", so
der Kardinal wörtlich. In der Stadt habe die Flut ganze Stadtteile
weggewischt. Erschwert werde die Lage durch die Anwesenheit der
islamistischen Separatisten, die in Aceh einen Gottesstaat errichten
wollen. Manche islamische Prediger würden die Katastrophe als
Ausdruck des "Zornes Gottes" interpretieren - so ein Gottesbild
könne aber "nicht das letzte Wort" sein, erklärte
Schönborn. Als "unberechtigt" bezeichnete der Wiener
Kardinal Vorwürfe, dass das indonesische Militär aus Sicherheitsbedenken
Hilfsmaßnahmen für die Opfer behindere. (rv/kap)
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