THEMEN DES TAGES:
Ägypten: Zahl der Todesopfer erhöht sich auf 22
In Alexandria hat sich die Zahl der Todesopfer nach dem Massaker vor einer koptischen Kirche auf 22 erhöht. Einer der mehreren Dutzend Verletzten starb am Sonntag, wie die Nachrichtenagentur ansa mitteilt. Die Polizei hat sieben Menschen inhaftiert, die verdächtigt werden, für den blutigen Anschlag in der Silvesternacht verantwortlich zu sein. Die Ermittlungen konzentrieren sich derzeit auf eine ägyptische Gruppe, die sich nach dem Vorbild des Terror-Netzwerks al Kaida organisiert hat. Seit Jahren hatte es in Ägypten keinen islamistischen Anschlag mehr gegeben. Der Zorn vieler Kopten entlud sich derweil in Straßenschlachten und Demonstrationen. International wächst die Sorge um die Sicherheit von Christen in mehrheitlich islamischen Ländern, etwa in Ägyptens Nachbarland Sudan.
Papst Benedikt bezeichnete den Anschlag auf die Kopten als „niederträchtige Geste des Todes“. Schon zuvor, nur wenige Stunden nach der Bluttat, hatte er von Rom aus die internationale Gemeinschaft eindringlich zum Schutz verfolgter Gläubiger, vor allem verfolgter Christen, aufgerufen. Das verärgerte allerdings den Imam der Kairoer Universität Al-Azhar, Ahmed al-Tayyeb, der sich die „nicht hinnehmbare Einmischung“ verbat. Wörtlich meinte der Vertreter der wichtigsten Universität im sunnitischen Islam: „Ich bin nicht einverstanden mit dem Standpunkt des Papstes, und ich frage: Warum hat denn der Papst nicht auch zum Schutz von Moslems aufgerufen, als diese im Irak umgebracht wurden?“
Vatikansprecher P. Federico Lombardi – er leitet den Vatikanischen Pressesaal und Radio Vatikan – hat dem Imam widersprochen. Benedikt XVI. habe doch deutlich seine Sorge „über die Folgen der Gewalt für die ganze Bevölkerung geäußert“, das gelte für Christen wie Moslems. Die Solidarität für die attackierten koptischen Christen dürfe auf keinen Fall Anlass zum Schüren eines interreligiösen Konflikts werden. (rv)
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Ägypten: Kopten demonstrieren
Hunderte von Kopten haben in Kairo und Alexandria gegen das – aus ihrer Sicht – Versagen der Sicherheitsbehörden demonstriert. Dabei kam es auch zu Steinwürfen und Angriffen auf Polizisten. (rv)
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Pfarrer Schroedel: „Deutsche wollen koptische Weihnachtsmesse besuchen“
Die deutschsprachige Gemeinde in Kairo plant Solidaritätsaktionen mit den Kopten in Ägypten. Das berichtet ihr Seelsorger Pfarrer Joachim Schroedel in einer E-Mail an Radio Vatikan. Möglichst viele Deutschsprachige wollten zum Zeichen der Solidarität die Weihnachtsmessen der Kopten am 7. Januar besuchen, so Schroedel. Er wolle außerdem der Deutschen Bischofskonferenz vorschlagen, "dass einige Bischöfe an den Weihnachtsgottesdiensten der Kopten in Deutschland teilnehmen sollten“. (rv)
Wir dokumentieren hier den Text von Joachim Schroedel
Reaktionen auf Anschlag von Ägypten
Politiker und Islam-Vertreter in der arabischen und islamischen Welt haben das Attentat von Alexandria einhellig und mit scharfen Worten verurteilt. US-Präsident Barack Obama brandmarkte den Anschlag als „barbarische Tat“. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb in einem Brief an den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak, sie sei wütend über das Attentat; ähnliche Gewalttaten gelte es künftig zu verhindern. (rv/diverse)
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P. Samir: „Fundamentalisten nutzen derzeitige Krise aus“
Koptischer Bischof in Deutschland: „Kontinuierliche Verfolgungen“
DIE NACHRICHTEN:
Europa
Deutschland
Führende evangelische Geistliche stehen immer kritischer zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Neben Jochen Bohl, dem stellvertretenden EKD-Ratsvorsitzenden, der in seiner Neujahrsrede in der Dresdner Frauenkirche feststellt, „nichts ist besser geworden in Afghanistan“ und zu Friedensgesprächen auffordert, erkennt auch der pommersche Landesbischof Hans-Jürgen Abromeit: „Das Böse lässt sich nicht durch Böses überwinden, sondern nur durch das Gute, das an seine Stelle gestellt wird.“ Es sei besser, Positionen zu räumen, als der Logik zu verfallen, die man bekämpfen wolle und man dürfe nicht die Denkweise der radikal-islamischen Taliban übernehmen, die Vernichtung im Sinn hätten. Der mecklenburgische Landesbischof Andreas von Maltzahn zeigt sich zudem besorgt über die Äußerungen des Verteidigungsministers zu Guttenberg (CSU), offen über eine Verknüpfung von Auslandseinsätzen mit Wirtschaftsinteressen zu sprechen. (idea)
Schweiz
Der Genfer Nationalrat Carlo Sommaruga fordert die Aufhebung des Berufsgeheimnisses für Geistliche, falls diese Kenntnis von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige erhalten. Die bischöflichen Richtlinien „Sexuelle Übergriffe in der Seelsorge“, die im vergangenen Jahr verschärft wurden, genügen ihm laut Zeitungsbericht nicht im Kampf gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche. Norbert Brunner, Bischof von Sitten und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) widerspricht. Für ihn bedeutete die Aufhebung des Beichtgeheimnisses eine „Missachtung der von der Verfassung garantierten Glaubens- und Gewissensfreiheit“. (kipa/arch/bal)
Türkei
Die Regierung erwägt eine Wiedereröffnung des geschlossenen orthodoxen Priesterseminars in Istanbul. Das sagte ein Regierungsvertreter jetzt dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. bei einem Höflichkeitsbesuch zu Neujahr. Die Regierung werde versuchen, entsprechenden Bitten „von einem legalen Standpunkt aus zu entsprechen“. Bartholomaios äußerte seine Hoffnung, das Seminar – das vor vierzig Jahren von den Behörden geschlossen wurde – könne noch dieses Jahr wiedereröffnen. Der Patriarch von Konstantinopel, Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen in aller Welt, residiert in Istanbul. (reuters)
Russland
In der mehrheitlich muslimischen Region Inguschetien ist in der letzten Nacht eine russisch-orthodoxe Kirche abgebrannt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus; Menschen kamen nicht zu Schaden. Das Städtchen Ordzhonikidze, in dem der Brandanschlag geschah, liegt nicht weit von der Grenze zur Unruheregion Tschetschenien. (ansa)
Asien
Indien
Im südlichen Bundesstaat Karnataka ist ein Anschlag auf einen führenden christlichen Geistlichen verübt worden. Fundamentalistische Hinduisten hätten Isaac Samuel am Sonntagabend während einer Andacht in der Stadt Davanagere mit einem Beil angegriffen und schwer verletzt, berichtet der römische Pressedienst „Asianews“ am Montag. Der Pressedienst beruft sich auf den Rat der indischen Christen. Samuel ist nach Angaben von Asianews Koordinator des Allgemeinen Rates der indischen Christen in Davanagere. Die Tat steht nach Ansicht des Vorsitzenden des Rates im Zusammenhang mit der Debatte um ein Gesetz, das den Übertritt vom Hinduismus zu einer anderen Religion unter Strafe stellen soll. Radikale Hindus forderten ein solches Gesetz als Vorwand für Gewalt gegen Christen, sagte George gegenüber Asianews. (kipa)
Aserbaidschan
Da den Gläubigen eine „staatliche Genehmigung“ fehlte, haben Polizeibeamte in der Nähe der Hauptstadt Baku bereits Mitte Dezember einen Gottesdienst der Siebenten-Tags-Adventisten abgebrochen. Das berichtet die norwegisch-dänische Menschenrechtsorganisation „Forum 18“. Ihr zufolge durchstöberten Behördenvertreter ohne Durchsuchungsbefehl das private Wohnhaus, in dem der Gottesdienst stattfand, befragten die zehn anwesenden Adventisten und beschlagnahmten Bücher und DVDs. Zwei Gottesdienstteilnehmer brachten die Beamten zum Verhör auf das Polizeirevier. Sie wurden drei Tage später zu hohen Geldstrafen verurteilt. Obwohl die Verfassung ihren Bürgern „Religionsfreiheit“ zusichert, kommt es in Aserbaidschan immer wieder zu Polizeimaßnahmen gegen sogenannte „illegale Gottesdienste“. (apd)
Afghanistan
In Mazar-e-Sharif, innerhalb des deutschen Mandatsgebietes, droht einem 25-jährigen Mann an diesem Dienstag die Hinrichtung, weil er vom Islam zum Christentum konvertiert ist. Darauf weist die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hin. Die Todesstrafe für den Abfall vom Islam sei eine „krasse Verletzung internationaler Menschenrechtsverträge, die auch für Afghanistan bindend sind“, so die Vereinigung. Sie forderte den deutschen Außenminister Guido Westerwelle auf, einzugreifen und seinen afghanischen Kollegen auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen Afghanistans hinzuweisen. Der 25-jährige Afghane Shoib Assadullah wurde vergangenen Oktober in Mazar-e-Sharif verhaftet, weil er einem Landsmann ein Neues Testament in der Landessprache Darri gegeben hatte. Das Gericht teilte ihm Ende Dezember mit, dass er wegen Abfall vom Islam hingerichtet würde, sollte er nicht bis zum 3. Januar dem Christentum abschwören, was der Angeklagte aber ablehnte. (pm)
Amerika
Kuba
Kardinal Jaime Ortega von Havanna geht davon aus, dass das Regime in den nächsten Monaten weitere elf politische Häftlinge freilässt. Das sagte er bei seiner Neujahrspredigt in seiner Kathedrale. Die Regierung von Präsident Raul Castro habe ihm in dieser Hinsicht „klare und formelle“ Zusagen gemacht, so der Kardinal. Vor einem halben Jahr hatte Castro nach einem Gespräch mit Kardinal Ortega die Freilassung aller 52 Häftlinge angekündigt, die aus Kirchensicht als „politische Häftlinge“ gelten. Von den bisher 41 Freigelassenen konnte allerdings nur einer in Kuba bleiben, während die vierzig übrigen mittlerweile in Spanien leben. (rv)