Meldungen vom 29.3.2008
- Deutscher Historiker entlastet Vatikan -
- Mehr Asylschutz für Christen aus Irak? -
- „Hinschlachten in Kalabrien muss enden” -
Verantwortlich: P. Eberhard v. Gemmingen SJ / Stefan von Kempis
Redaktion: Birgit Pottler
Redaktionsschluss 16.00 Uhr
Die folgenden Texte basieren auf unserer
Nachrichtensendung „Treffpunkt Weltkirche“ täglich um 16 Uhr.
THEMEN DES TAGES:
Deutschland/Vatikan: Kein Druck, auf Hitler zuzugehen
Der Vatikan hat nach dem Machtantritt Hitlers keine Weisung gegeben, auf die Nationalsozialisten zuzugehen. Das schreibt der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Freitagsausgabe). Die deutschen Bischöfe und die deutschen katholischen Parteien hätten im Frühjahr 1933 „selbstständig und nicht aufgrund einer römischen Weisung” entschieden, als sie am 28. März vor 75 Jahren ihre frühen Warnungen vor dem Nationalsozialismus zurücknahmen, betont Wolf unter Berufung auf Quellen im Vatikanischen Geheimarchiv. Katholiken konnten so „ohne Gewissenskonflikte” in der Bewegung mitarbeiten. In der ersten Aprilhälfte 1933 begannen dann die Verhandlungen über ein Reichskonkordat. Seit 1930 hatten die Bischöfe zuvor Katholizismus und Nationalsozialismus für unvereinbar erklärt und den Rassismus als „unchristlich und unkatholisch” verurteilt.
Seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert, ob der Vatikan die erste deutsche Demokratie verraten habe, um das langersehnte Reichskonkordat mit der Hitler-Regierung abschließen zu können. Prominente Historiker argumentieren, dass der Vatikan die katholischen Parteien – das Zentrum und die Bayerische Volkspartei – gedrängt habe, für das Ermächtigungsgesetz zu stimmen und damit letztlich auch ihre Selbstauflösung zu beschließen.
Nach einer „gründlichen Sichtung” von Aufzeichnungen, die in den Jahren 2003 und 2006 im Geheimarchiv zugänglich wurden, sieht Wolf nun ausreichende Belege dafür, dass sowohl Papst Pius XI. als auch Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., und der Berliner Nuntius Cesare Orsenigo keinen direkten Einfluss in diesen Fragen ausübten. Zwar habe die Kurie die deutschen katholischen Parteien durchaus kritisch gesehen und eine Koalition des Zentrums mit den Deutschnationalen oder der NSDAP erwogen. Auch sei Rom mit dem Vorgehen der deutschen Bischöfe inhaltlich einverstanden gewesen. „Es gibt aber keinen Beleg dafür, dass der Vatikan Druck auf die katholischen Parteien ausübte”, schreibt Wolf. Er zitiert Pacelli mit seiner Einschätzung gegenüber den Bischöfen: „Eine Intervention des Papstes ist weder notwendig noch ratsam.” Nuntius Orsenigo habe zudem kritisiert, dass die Bischöfe der Reichsregierung nicht klare Bedingungen gestellt und Gegenleistungen gefordert hätten. „Der gewiefte Diplomat Pacelli hätte die kirchliche Verurteilung niemals ohne Gegenleistung aufgegeben”, so der Kirchenhistoriker. Von einem Reichskonkordat sei vor April 1933 in den vatikanischen Quellen nie die Rede. (faz/kna)
Italien: „Hinschlachten muss ein Ende haben”
Das süditalienische Kalabrien wird seit Tagen von Gewalt erschüttert. Die Fehde zwischen rivalisierenden Mafiaclans der 'Ndrangheta in Kalabrien ist erneut eskaliert. Schon im Jahr 2007 sorgten die Clans für Aufsehen, als ihr Streit zu einem Sechsfach-Mord in einer Pizzeria in Duisburg führte. Nun kam es im Süden Italiens in nur sechs Tagen zu fünf Morden. Zu den Opfern der Auseinandersetzung gehört der 37 Jahre alte Boss Luca Megna, der am Ostersamstag nahe der Stadt Crotone erschossen wurde. Die fünfjährige Tochter wurde dabei verletzt, sie liegt seitdem im Koma. Racheaktionen forderten weitere Todesopfer und Schießereien auf offener Straße.
Das „Hinschlachten muss ein Ende haben”, heißt es in einem Appell der katholischen Kirche der Region. Auch die Regierung müsse etwas für den sich selbst überlassenen Süden tun, fordert der Erzbischof von Crotone. Die Gewalt, so aggressiv sie sei, gehe nur von einer Minderheit in der Bevölkerung aus, betont Domenico Graziani gegenüber Radio Vatikan:
„Die Menschen können nicht mehr. Das ist eine Form der Unterdrückung, von der man sich befreien muss. Ich wäre bereit, mit den Familien der Mafia-Mitglieder zu sprechen. Ich denke sogar, dass sie gesprächsbereit wären. Nur bislang gibt es kaum Gespräche, der Dialog muss erst angebahnt werden.”
Die Kirche werde alles tun, um der Gesellschaft zu helfen, diese Krisis zu überwinden, so der Erzbischof.
„Wir sind am Scheidepunkt. Entweder es wird besser, oder es wird schlechter. So kann es nicht mehr weitergehen. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, müssen uns wieder neu für unsere Identität, unsere Fähigkeiten und unser Land öffnen. Bislang sind wir – auf der Suche nach einer Lösung für den Süden Italiens – nichts als ausgenutzt worden. In den Herzen der Kalabresen hat das enormen anthropologischen Schaden angerichtet. Den gilt es jetzt zu reparieren.”
Der Wille sei da, jetzt brauche es konkrete Schritte aller Beteiligten, sagt der Erzbischof der ’Ndrangheta-Region Crotone. (rv)
Simbabwe: Kein Raum für Opposition
In Simbabwe haben die Präsidenten- und Parlamentswahlen begonnen. Knapp sechs Millionen Wähler sind seit Samstagmorgen aufgerufen, über die Zukunft von Staatschef Robert Mugabe zu entscheiden, der nach fast drei Jahrzehnten an der Macht erneut um seine Wiederwahl wirbt. Der 84-Jährige hat die einstige Kornkammer Afrikas heruntergewirtschaftet. Die Inflationsrate in dem südafrikanischen Land liegt bei 100.000 Prozent. Als Herausforderer treten Morgan Tsvangirai von der oppositionellen Bewegung für einen Demokratischen Wandel (MDC) und der frühere Finanzminister unter Mugabe, Simba Makoni, an.
Für Radio Vatikan berichtet Dennis Berton; früher Afrika-Experte der BBC, jetzt Mitorganisator wöchentlicher Proteste vor Simbabwes Botschaft in London:
„Die Wahlkampagne war viel weniger von Gewalt überschattet, als das bei früheren Wahlen der Fall war. Das liegt zum einen daran, dass die Zufriedenheit mit dem Regime, zum Beispiel in der Armee, gewachsen ist.”
Freie und faire Wahlen werde es dennoch nicht geben, so Dennis Berton.
Die von massiven Manipulationsvorwürfen überschattete Wahl findet unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Die afrikanischen Kirchen haben Wahlbeobachter nach Simbabwe geschickt, westliche Beobachter sind nicht zugelassen.
„Es gibt weiterhin keinerlei öffentlichen Raum für die Opposition. Die staatlich kontrollierten Medien räumen der Opposition nur ganz begrenzt Sendezeit ein. Die Behörden verbieten der Opposition politische Veranstaltungen.”
Die Wahllokale in Simbabwe schließen um 18 Uhr. Mit offiziellen Ergebnissen wird erst in den kommenden Tagen gerechnet. (rv/reuters/ap)
Italien: Ex-Muslim wehrt sich gegen Instrumentalisierung
Der in der Osternacht im Vatikan getaufte Ex-Muslim hat sich gegen Gewalt im Namen der Religion ausgesprochen. „Ich war nie für Religionskriege”, betont der ägyptischstämmige italienische Journalist Magdi Allam in einem offenen Brief in der Tageszeitung „Corriere della Sera”. Man könne und müsse den Dialog mit allen Moslems führen, die „ohne wenn und aber die fundamentalen Menschenrechte teilen” und sich für das Zusammenleben aller Menschen einsetzen. Sein Übertritt zum katholischen Glauben sei instrumentalisiert worden, kritisiert Allam. Man habe ihm schaden und den Papst beschuldigen wollen. Sich selbst bezeichnete der ehemals moderate Muslim als „Freigeist”, der er auch als Katholik bleiben wolle. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi habe Recht, wenn er sage, die früheren Äußerungen seien die Privatmeinung Allams gewesen. Keinesfalls wolle er die Haltung des Vatikans beeinflussen, schreibt der stellvertretende Direktor des Corriere. Unterschrieben ist der Brief mit Magdi Cristiano Allam. (pm)
Lesen Sie hier den dazu passenden „Kommentar der Woche“ von Stefan von Kempis
DIE NACHRICHTEN:
Vatikan
Der vatikanische Kulturminister hat ein selbstbewusstes Auftreten des Christentums gefordert. Auch im säkularen Staat gebe es übergreifende moralische Normen, die von den Religionen ins Gespräch gebracht werden müssen. Fundamentalismus jeder Art sei jedoch zu vermeiden, sagte Kurienerzbischof Gianfranco Ravasi in einem Interview mit der italienischen Wochenzeitung „Famiglia Cristiana”. Die Kirche dürfe aber den Austausch mit der modernen Kultur und der Wissenschaft nicht scheuen. Der Präsident des päpstlichen Kulturrats forderte eine neue geistige Auseinandersetzung, ähnlich dem Diskurs zwischen Marxismus und christlicher Soziallehre. Die Kirche dürfe jedoch nicht nur in westlichen Denkstrukturen verhaftet bleiben, sondern sich auch anderen Strömungen öffnen, so Ravasi. (pm)
Bildung und Erziehung brauchen ein weltweites Netz. Nur gemeinsam könne man in einer globalisierten Welt Einfluss haben, erklärten jetzt die Teilnehmer einer Internationalen Konferenz zum Thema „Interkulturelle Erziehung und religiöser Pluralismus”. Die Medien seien bei dieser „positiven Globalisierung” ein wichtiger Partner erklärten die 70 Teilnehmer aus 10 Ländern. Veranstaltet wurde die zweitägige Konferenz von der vatikanischen Bildungskongregation in Zusammenarbeit mit dem internationalen Zusammenschluss der katholischen Bildungseinrichtungen. (rv)
Europa
Deutschland
Die Bundesregierung erwägt nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel” eine großzügige Asylregelung für verfolgte Christen aus dem Irak. Das Innenministerium denke über eine so genannte Kontingentlösung nach, berichtete das Hamburger Magazin in seiner neusten Ausgabe. Auch die beiden großen Kirchen in Deutschland drängen auf eine solche Lösung. Nach Einschätzung von Beobachtern werden die Christen im Irak, deren Anteil an der Bevölkerung etwa fünf Prozent beträgt, gezielt verfolgt, weil sie als Bedrohung für den islamischen Charakter des Landes gesehen oder als Unterstützer der USA verdächtigt werden. Verantwortlich für die Übergriffe seien Mitglieder krimineller Banden. Gegen diese gewähre die staatliche Autorität keinen Schutz. (kna)
Schweiz/Niederlande
Der Weltkirchenrat hat den anti-islamischen Film „Fitna” des rechtspopulistischen niederländischen Oppositionspolitikers Geert Wilders kritisiert. Bei dem Streifen handele es sich um einen „klaren Fall von Islamophobie”, erklärte der Direktor des Programms für Dialog und Interreligiöse Zusammenarbeit des Weltkirchenrates, Pfarrer Shanta Premawardhana, in Genf. Durch die Aneinanderreihung nicht zusammenhängender Bilder schildere Wilders einen gewaltsamen und extremen Islamismus ohne zu versuchen, diesen vom normalen Islam zu unterscheiden, so der Theologe. Extremismus sei ein Problem der meisten Religionen, dem man nur im gemeinsamen Dialog begegnen könne.
In Indonesien, Pakistan und im Iran verurteilten Regierungssprecher den Film als Beleidigung der Muslime. Ähnlich äußerte sich die Islamische Konferenz-Organisation IOC. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon und die EU kritisierten das Pamphlet Wilders. Ein britisches Internet-Portal, das den Film am Donnerstag veröffentlicht hatte, nahm ihn inzwischen wieder von seinen Servern. (idea/dw)
Russland
Das Moskauer Patriarchat will katholische Kinderheime in Russland stärker beobachten. Das habe die gemeinsame Arbeitsgruppe der orthodoxen und der katholischen Kirche in Russland beschlossen, meldet der römische Pressedienst „Asianews“ am Freitag. Die Beziehungen zwischen beiden Konfessionen sollten weiter stabilisiert werden, hieß es zur Begründung. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass orthodoxe Kinder in katholischen Einrichtungen durch orthodoxe Geistliche seelsorgerlich betreut würden, erklärte der orthodoxe Ko-Präsident der Kommission, Vsevolod Chaplin. Laut Asianews sorgte die Entscheidung für Überraschung in der katholischen Welt, nichtkatholische Kinder erhielten in katholischen Instituten längst geistliche Begleitung entsprechend ihrer Konfession. Die genaue Zahl sei nicht bekannt, doch in ganz Russland gebe es kaum mehr als 200 orthodoxe Kinder in katholischen Einrichtungen. (asianews)
Frankreich/Vatikan
Lille wird Metropolie. Papst Benedikt XVI. erhob das nordfranzösische Bistum an diesem Samstag zum Erzbistum. Der neuen Kirchenprovinz Lille sind die so genannten Suffraganbistümer Arras und Cambrai untergeordnet. Cambrai war bislang Sitz der Metropolie. Die Umstrukturierung hat administrative Gründe, Erzbistümer werden zum Beispiel in Rechtsfragen als übergeordnete Instanz angerufen. (rv)
Belgien/Vatikan
Kardinal Godfried Danneels vertritt den Vatikan Ende Mai in Banneux. Papst Benedikt XVI. ernannte den Brüsseler Erzbischof an diesem Samstag zu seinem Sondergesandten bei den 75-Jahr-Feiern der Erscheinung der „Jungfrau der Armen”. Banneux ist der größte Wallfahrtsort Belgiens, die Jubiläumsfeiern haben am 31. Mai ihren Höhepunkt. (rv)
Naher Osten
Irak
Bei den schweren Kämpfen in Bagdad sind in den vergangenen Tagen mehr als 130 Menschen ums Leben gekommen. Im Osten der Hauptstadt seien in den vergangenen Tagen zudem 647 Menschen verwundet in Krankenhäuser eingeliefert worden, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Samstag. Rettungskräften zufolge haben irakische und US-Soldaten den umkämpften Stadtteil Sadr-City mittlerweile umstellt, so dass die Verwundeten aus den überfüllten Krankenhäusern dort nicht nach außerhalb verlegt werden können.
An den Kämpfen zwischen irakischen Soldaten und den Schiiten-Milizen des Predigers Moqtada al-Sadr in Bagdad sind zunehmend auch US-Streitkräfte beteiligt. Das US-Militär tötete eigenen Angaben zufolge am Freitag bei Schießereien und Luftangriffen 48 Extremisten. Unterdessen erklärte ein Mitarbeiter Sadrs, Vertreter des Predigers seien mit dem ranghöchsten schiitischen Geistlichen, Großajatollah Ali al-Sistani, zusammengetroffen. Sistani habe eine friedliche Lösung des Konflikts gefordert. (reuters)
Asien
China
China will die Hinterbliebenen der zivilen Todesopfer von Tibet finanziell entschädigen. Jede Familie, die bei den Unruhen in der tibetischen Hauptstadt Lhasa einen Angehörigen verloren habe, solle umgerechnet rund 18.000 Euro erhalten, meldete die amtliche Nachrichtenagentur „Xinhua“ am späten Freitagabend unter Berufung auf die Regionalregierung. Verletzte hätten das Recht auf eine kostenlose medizinische Behandlung. Den Menschen werde außerdem geholfen, ihre während der Proteste beschädigten Häuser und Geschäfte zu reparieren oder neu aufzubauen, hieß es weiter. Nach offiziellen chinesischen Angaben starben bei den Protesten in Tibet 18 Zivilisten und ein Polizist. Die tibetische Exil-Regierung spricht von schätzungsweise 140 Getöteten. (reuters)
China/Schweiz
In einer gemeinsamen Kampagne haben verschiedene international tätige Organisationen für verfolgte Christen zum Gebet für China aufgerufen. In der so genannten „Stellungnahme von Zürich” fordert die Gesellschaft für Religionsfreiheit Christen in aller Welt dazu auf, während der Olympischen Spiele, die im Sommer in Peking stattfinden, für das Land zu beten. Zu der Gesellschaft gehören u.a. die Kommission für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz, „Open Doors International“, Christliche Solidarität Weltweit und Stimme der Märtyrer. Die Werke würdigen die Fortschritte, die die Volksrepublik in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Gebiet der Religionsfreiheit gemacht habe, und äußern die Hoffnung, dass es zu wirklicher Glaubens- und Religionsfreiheit kommen wird. Außerdem erkennen sie in dem Papier die Bedeutung Chinas als entscheidende politische und wirtschaftliche Macht an. (idea)
Die Quellen unserer Nachrichtensendung
sind u.a. die Agenturen Kna, Kathpress,
Ansa, Efe,
Afp, Kipa,
Reuters, Ap,
ADN-Kronos, Upi,
Cns, Uca,
Misna, Osservatore
Romano – die Vatikanzeitung in deutscher Sprache, sowie
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Buchbesprechung:
Titel: Die Geschichte der Jesuiten
Autorin: Rita Haub
Verlag: Primus
Preis: 29.90 Euro
Besprochen durch P. Eberhard v. Gemmingen
Das Wort „Jesuiten“ hat einen eigenartigen Reiz. Es ist, wie wenn man etwas halb verbotene Frucht hinlangte. So kann die soeben erschienene „Geschichte der Jesuiten“ mit einem Vorinteresse rechnen. Die Autorin Rita Haub versteht es, für Nichtfachleute den Staub der Vergangenheit wegzukratzen und unzählige Details zu erzählen, die die Geschichte ganz lebendig machen. Sie erzählt die Geschichte an Hand der herausragendsten Persönlichkeiten und konzentriert sich auf ein deutschsprachiges Publikum. So liest man Kurzbiographien der Gründer Ignatius von Loyola und Franz Xaver, der Pioniere in Indien, China, Brasilien und Bolivien mit klingenden wie Matteo Ricci und Adam Schall von Bell, der Martyrer vor allem des 20. Jahrhunderts mit Rupert Mayer und Alfred Delp. Man erfährt gründlich, warum die Jesuiten barocken Königen verhasst waren und dann verboten wurden, wie sie durch Protestanten und Orthodoxe überlebten, warum Bismarck, manche Schweizer und später viele Diktatoren in Lateinamerika sie hassten. Man erfährt von kritischer Papsttreue. Im Anhang gibt es hervorragende Überblicke über Geschichte, Literatur, die zahlenmäßige Entwicklung und die Generaloberen.
Im Januar 2008 wählt die Gesellschaft Jesu einen neuen Generaloberen. Wer dieses historische Faktum besser verstehen und einordnen will, liest mit Gewinn die „Geschichte der Jesuiten“ von Rita Haub.

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