Kunst

Laokoongruppe
Der in der Gruppe dargestellte Mythos schildert den Tod des Priesters Laokoon und seiner beiden unschuldigen Söhne. Obwohl er den Willen der Götter hätte erkennen müssen, die Troja im Kampf gegen die Griechen dem Untergang geweiht hatten, um es in der Ewigen Stadt Rom zu erneuern, warnt Laokoon die Trojaner vor der Kriegslist des Odysseus, der die griechischen Eroberer in einem Hölzernen Pferd in die Stadt bringen will. Als Äneas die Opferung Laokoons erleben muss, erkennt er, dass die Stadt verloren ist, und flieht aus Troja, um in Italien das römische Volk zu begründen. Der Tod Laokoons ist also Voraussetzung für die Gründung Roms, gleichsam das Gründungsopfer der Ewigen Stadt. Die im Vatikan erhaltene Version der Laokoongruppe ist eine typisch späthellenistische, "einansichtige" Gruppe, in der alle Bewegungen in einen entwicklungsfähigen Augenblick gebannt sind. Man muss hinzudenken, was unmittelbar zuvor geschehen ist und was in den nächsten Sekunden geschehen wird: Von der einen Schlange in die Hüfte gebissen, bäumt Laokoon sich im Todeskampf auf, während der jüngere Sohn sterbend in den Windungen der anderen Schlange hängt und der ältere sich aus den Schlingen der ersten zu befreien versucht, aber voller Entsetzen den Tod von Vater und Bruder vor seinen Augen sich vollziehen sieht. Diese Skulpturengruppe wurde am 31. Januar 1506 in einem unterirdischen Gelass auf dem Oppiushügel in Rom gefunden und war sogleich hochberühmt. Bei der Entdeckung waren ausgerechnet diejenigen Persönlichkeiten der Zeit beteiligt, die am meisten damit anzufangen wussten: Papst Julius II., dem der Besitzer des Fundortes pflichtgemäß davon Bericht erstattete, hatte sich durch seine Namensgebung an die Familie der Julier, der ersten Kaiser von Rom angeschlossen, die sich ihrerseits auf Julus, den Sohn des Gründers des römischen Volkes Äneas, zurückführte. Das hatte für Julius II. eine besondere Bedeutung.
Der Papst sandte seinen obersten Architekten und Denkmalpfleger, Giuliano da Sangallo, aus, um den Fund zu prüfen, und dieser nahm nicht nur seinen Sohn, der später darüber berichten sollte, sondern auch seinen berühmten Gast aus Florenz, Michelangelo, zur Fundstelle mit. Als Giuliano da Sangallo die Statuengruppe sah, soll er ausgerufen haben: "Das ist der Laokoon, von dem Plinius spricht." Tatsächlich war die Laokoongruppe in Humanistenkreisen schon berühmt, längst bevor sie wiedergefunden wurde. Der römische Admiral Plinius d. Ä. erwähnt sie nämlich in seiner Naturgeschichte in einem Satz, der schon im Jahr 1477 ins Italienische übertragen wurde. Dabei wurde aber der lateinische Begriff statuaria ars, das heißt Statuentechnik, also Technik des Bronzegusses von Statuen, irrtümlich mit dem italienischen Begriff arte statuaria, das heißt Bildhauerkunst, gleichgesetzt. Der Satz des Plinius wurde so verstanden, daß er den Laokoon aus Marmor allen Werken der Malerei und Bildhauerkunst vorziehe. Dieses vermeintliche Urteil eines antiken Augenzeugen wurde von Michelangelo sofort bestätigt, weil er seinen eigenen am antiken "Barock" geschulten Stil darin wiedererkannte.
Der Satz des Plinius wurde nicht eher auf seine wirkliche Bedeutung hin überprüft, bis im Jahre 1957 in der Tiberiusgrotte von Sperlonga die große Skyllagruppe gefunden wurde, die laut Inschrift von den gleichen Bildhauern Athanodoros, Hagesandros und Polydoros von Rhodos aus dem Marmor gehauen wurde wie die Laokoongruppe. Es wurde klar, dass Plinius diese nicht maßlos gerühmt, sondern nur erklärt hat, dass er als Naturhistoriker die Laokoongruppe aus dem Material Marmor einer Darstellung des Themas in Malerei oder Bronze vorziehe. Plinius hatte in seiner Beurteilung der antiken Kunst die Werke in solche aus Erz, aus Farben und aus Marmor eingeteilt, und er zieht im Fall der Laokoongruppe den letzteren vor. Er kannte also auch eine vergleichbare Bronzegruppe, die wie die übrigen Originale der nur in Marmorkopien überlieferten Meisterwerke verloren sind. Vom Original der Skyllagruppe, deren von den Laokoonmeistern signierte Kopie in Sperlonga entdeckt wurde, ist überliefert, daß sie bis 1204 im Hippodrom von Konstantinopel stand und beim Vierten Kreuzzug eingeschmolzen wurde, um die Bronze zur Münzprägung zu verwenden.
Die kunstgeschichtliche Bedeutung der richtigen Übersetzung des Pliniustextes besteht darin, dass diese Ausführung der Laokoongruppe, die unter Kaiser Tiberius zwischen 14 und 19 nach Christus in Auftrag gegeben wurde, Rückschlüsse auf ihr hellenistisches Original zulässt. Dabei handelte es sich um ein in Pergamon geschaffenes Werk der Zeit um 140 v. Chr. Die gigantische Hybris des Priesters, der sich gegen den Willen der Götter auflehnt, wird in der motivischen Übereinstimmung Laokoons mit dem Giganten Alkyoneus des Pergamonaltares anschaulich. Nur wer den Pergamonaltar kennt, vermag bei der Betrachtung der Laokoongruppe hinzuzudenken, wie der im Vergleich zu seinen Söhnen riesige Priester von einer unsichtbaren Athena auf den Altar niedergerungen und dem überlegenen Angriff ihrer Schlangen ausgesetzt wird.

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